Kreuzberg

Baumschnitt trotz Sommerhitze: Anwohner und Baumarbeiter kämpfen gegen Bezirk

Trotz hoher Temperaturen sollen sämtlichen Platanen an einem Kreuzberger Platz die Äste gekappt werden. Die Anwohner wehren sich – und erhalten Unterstützung aus unvermuteter Quelle.

Zwei Bäume wurden bereits von ihren Ästen befreit.
Zwei Bäume wurden bereits von ihren Ästen befreit.Privat/BLZ

Anwohner am Maria-von-Maltzan-Platz in Berlin-Kreuzberg haben am Dienstag erfolgreich verhindert, dass die Bäume rund um den Platz mitten in der Sommerhitze radikal beschnitten werden – zumindest für eine gewisse Zeit. Gegenüber der Berliner Zeitung schilderte eine Anwohnerin, dass am Dienstagmorgen plötzlich eine Firma angerückt sei, und die Arbeiten an den Bäumen begonnen habe.

Schnell hätten sich mehrere Anwohner zusammengeschlossen, um dies zu verhindern. Unterstützung erfuhren sie dabei überraschend von den Angestellten der Firma selbst. Denn diese hielten die Arbeiten an den Bäumen mitten im Hochsommer für unsinnig, so die Anwohnerin. „Die Baumarbeiter selber wollten das auch nicht machen“.

Bäume von Ästen befreien: Grünflächenamt bleibt hart

Man habe sich daraufhin sofort mit dem Grünflächenamt in Verbindung gesetzt, so die Anwohnerin. Dieses blieb hart. Der Grund für die Entfernung jeglicher Äste an den Platanen? Verkehrssicherheit. Dies „macht wenig Sinn“, so die Anwohnerin. Der Platz werde von Autofahrern hauptsächlich genutzt, um zu wenden oder zu parken, es gebe keinen Durchfahrtsverkehr. Auch Sturmschäden seien an den resistenten Platanen nicht zu erkennen gewesen.

„Solche Schnitte werden normalerweise im Herbst oder Frühjahr vor/ in der Wachstumsphase vorgenommen. Im Sommer verbietet sich der Schnitt, da die Bäume ausbluten und vertrocknen oder Vögel darin brüten und Schutz finden“, so die Anwohnerin. Auch Sachkundige und Sachverständige hätten die Maßnahme als „unsachgemäß und schädlich“ beurteilt.

In Berlin und anderen deutschen Großstädten werden die Rufe nach mehr Bäumen in Parks und Grünflächen angesichts der fortschreitenden Erderwärmung lauter. Eine Berliner Initiative fordert einen Volksentschied zum Thema Bäume. Ziel der Initiative ist es, Berlin besser vor extremen Wetterereignissen wie Hitze, Dürre und Starkregen zu schützen. Unter anderem sollen bis 2040 eine Million neue Straßenbäume gepflanzt werden. Zudem sollen 1000 neue Miniparks sowie 100 zusätzliche Grünflächen entstehen. Auch soll der Senat per Gesetz verpflichtet werden, jeden gefällten Baum nachzupflanzen. Städte, in denen viele Bäume Schatten spenden, heizen sich langsamer auf. Dies stellten auch die Anwohner fest. Unter dem entlaubten Baum seien in der Sonne Temperaturen von 42,6 Grad gemessen worden. Unter dem Schatten der Bäume hingegen, 31 Grad.

Die Aktion komme ihr sehr unkoordiniert vor, so die Anwohnerin. Wahrscheinlich sei es irgendwann entschieden und verzögert umgesetzt worden. Es sei „erschreckend“, dass das Grünflächenamt die Entlaubung der Bäume trotz Sommerhitze und Warnungen von Sachkundigen trotzdem durchsetzen wolle.

Das Bezirksamt sagte der Berliner Zeitung: „Das Beschneiden von Bäumen ist grundsätzlich auch in der Vegetationszeit zulässig“. Dies sei auch fachlich richtig, „da der Saftfluss des Baumes in der Vegetationsperiode  ein besseres Verschließen von Schnittwunden und damit eine Heilung ermöglicht“. Bei allen Maßnahmen würden die artenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten, daher werde kontrolliert, ob beispielsweise gerade Vögel in Nestern brüten. Bei den Platanen hamdele es sich um „Formgehölze“. Der optimale Schnittpunkt für die Dachplatanen sei von Juni bis August. „Aus Verkehrssicherungsgründen“ müssten die Äste regelmäßig zurückgeschnitten werden.