Gesundheit

„Der Sozialstaat ist quasi insolvent“: Kommt die Praxisgebühr 2.0?

Arbeitgeberverbände schlagen neue Wege zur Finanzierung des Gesundheitssystems vor. Im Gespräch ist dabei auch eine Rückkehr zu einer Art Praxisgebühr.

Der Arbeitgeberverband plant wohl eine Praxisgebühr 2.0.
Der Arbeitgeberverband plant wohl eine Praxisgebühr 2.0.Sebastian Gollnow/dpa

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) plädiert für eine neue Art der Praxisgebühr. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sprach im Politico-Podcast „Berlin Playbook“ von einer „Kontaktgebühr“, die bei jedem Arztbesuch fällig werden soll. Ziel sei es, die Beiträge der Krankenkassen stabil zu halten. „Wir Arbeitgeber wollen, dass die Krankenversicherungsbeiträge endlich stabil werden. Das bedeutet aber, wir brauchen auch geringere Ausgaben“, sagte Kampeter.

Die Gebühr solle weniger Geld einbringen, sondern vor allem unnötige Arztbesuche verhindern. „Mir geht es nicht primär um Einnahmen, sondern darum, Ärzte-Hopping zu begrenzen“, so Kampeter. Anders als die Praxisgebühr von 2004 bis 2012, die einmal pro Quartal anfiel, wäre die Kontaktgebühr bei jedem Termin zu zahlen. Kampeter warnte zugleich vor einer Überforderung des Systems. „Der Sozialstaat ist quasi insolvent“, sagte er. Die Sozialausgaben seien in den vergangenen Jahren schneller gestiegen als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Krankenkassen stehen unter Druck

Auch der Bundesrechnungshof sieht die Kassen in Schieflage. In einem Bericht an den Bundestag prognostizierte er, dass die Ausgaben dauerhaft höher bleiben dürften als die Einnahmen. Folge könnte ein jährliches Milliardendefizit und ein Anstieg der Zusatzbeiträge um 0,3 Punkte pro Jahr sein. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte ebenfalls Reformen. „Wir werden Reformen machen müssen, gerade bei den Sozialversicherungen, weil die Lohnnebenkosten uns abhauen“, sagte er bei einer Parteiklausur in Mainz. Wo genau eingegriffen werden solle, sei noch offen. Klar sei nur: Die Sozialabgaben seien zu hoch.

Der Sozialverband SoVD wies die Pläne entschieden zurück. Vorsitzende Michaela Engelmeier sprach von einer „unsolidarischen“ Kontaktgebühr, die vor allem chronisch Kranke und Menschen mit wenig Geld belaste. Wer Arztbesuche aus Kostengründen verschiebe, riskiere schwerere Erkrankungen und höhere Folgekosten. Zudem entstehe zusätzlicher Verwaltungsaufwand in den Praxen.