Todesstrafe

Zahl der Hinrichtungen auf weltweitem Höchststand

Seit 2015 wurden nicht mehr so viele Todesurteile vollstreckt wie 2023. Der Iran führt die Statistik offiziell an. Doch es wird vermutet, dass es in einem Land noch mehr Todesstrafen gibt. 

Blick in Alabamas Kammer für Hinrichtungen mit tödlicher Injektion in den USA
Blick in Alabamas Kammer für Hinrichtungen mit tödlicher Injektion in den USADave Martin/AP

Die Zahl der Hinrichtungen weltweit ist im vergangenen Jahr auf den höchsten Wert seit 2015 gestiegen. Das teilte Amnesty International am Mittwoch mit. Der Anstieg geht laut Amnesty auf nur wenige von den 16 Ländern zurück, die Hinrichtungen vollziehen. Demnach wurden 1153 Hinrichtungen festgestellt, für 2022 hatte Amnesty insgesamt 883 Hinrichtungen in 20 Ländern registriert

853 davon entfallen auf den Iran, das sind 48 Prozent mehr als im Jahr 2023. In Saudi-Arabien wurden im vergangenen Jahr 172 Menschen hingerichtet, in Somalia 38 und in den USA 24. China, Nordkorea und Vietnam wurden in der Statistik nicht aufgeführt. Amnesty nimmt jedoch an, dass in allen drei Staaten in großem Umfang Menschen hingerichtet werden.

Zahl der verhängten Todesurteile steigt um 20 Prozent

Die Zahl der weltweit neu verhängten Todesurteile sei 2023 gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 2428 gestiegen. Die Zahl der Länder, in denen Hinrichtungen durchgeführt wurden, sank nach der Aufstellung auf den niedrigsten Stand, den die Organisation je verzeichnet habe. So seien in Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, die 2022 noch Todesurteile vollstreckt hätten, 2023 keine Hinrichtungen mehr erfasst worden.

144 Länder haben demnach die Todesstrafe per Gesetz (112 Länder) oder in der Praxis (32 Länder) abgeschafft. Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, begrüßte es zwar, dass sich immer mehr Länder von der Todesstrafe verabschiedeten. Sehr besorgniserregend sei aber, dass ein paar wenige Staaten immer mehr Menschen hinrichten würden. So hätten die iranischen Behörden 2023 eine grobe Missachtung menschlichen Lebens an den Tag gelegt. Saudi-Arabien, das sich für seine Reformbemühungen rühme, fälle Todesurteile teils aufgrund nichtiger Taten wie dem Absetzen von regierungskritischen Social-Media-Posts.

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt (FDP), hat den Anstieg als „schockierend“ bezeichnet und die Bundesregierung aufgefordert, diesem Trend entgegenzuwirken. Die von Amnesty International für 2023 im Vergleich zum Vorjahr festgestellte Zunahme der vollstreckten Todesurteile sei zwar „wenig überraschend“, trotzdem aber „schockierend“, erklärte Alt und fügte an: „Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein.“

Alt: China ist „unangefochtener Spitzenreiter“

China sei „erneut unangefochtener Spitzenreiter dieser makaberen Statistik, der Iran steht an zweiter Stelle“, erklärte Alt. „Beide Regime nutzen die Vollstreckung der Todesstrafe systematisch, um die kritische Zivilbevölkerung zu terrorisieren und einzuschüchtern.“

Hinrichtungen seien „immer inhuman und ein gravierender Verstoß gegen die Menschenrechte“, betonte sie. Es sei „nicht haltbar und inakzeptabel“, sie „mit religiösen oder kulturellen Argumenten zu verteidigen“.

Alt forderte die Bundesregierung auf, sich in bilateralen und in internationalen Gesprächen dafür einzusetzen, dass sich der „besorgniserregende Trend der zunehmenden Vollstreckung von Todesstrafen“ nicht fortsetze. Insbesondere solle unterstützt werden, dass die Zivilgesellschaft etwa in den USA und Saudi-Arabien der Todesstrafe „zunehmend kritisch“ gegenüber stehe.

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