Proteststimmung

Umfrage-Hoch der AfD wird laut Meinungsforscher anhalten

Die AfD profitiere derzeit von einer landesweiten Proteststimmung, so Meinungsforscher Matthias Jung. Viele Menschen seien mit der Ampel-Koalition unzufrieden.

Die AfD profitiert derzeit von einem Umfrage-Hoch.
Die AfD profitiert derzeit von einem Umfrage-Hoch.Swen Pförtner/dpa

Der Meinungsforscher Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen in Mannheim sieht aktuell noch keine Anzeichen für ein Ende des Umfrage-Hochs der AfD. Ob sich der Zuspruch für die AfD verfestige oder aber wieder nachlasse, „hängt davon ab, wie die anderen Parteien reagieren“, sagte Jung in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Wichtig sei nun, „ob sich etwa die Bundesregierung wieder zu einer größeren Geschlossenheit aufraffen kann, damit der Streit nicht mehr das Dominierende ist – und ob die CDU/CSU mehr an glaubwürdigen Alternativen bietet“.

Die AfD profitiere derzeit von einer weit verbreiteten Proteststimmung – und von einem für sie günstigen Wahlkalender mit drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr. „Man muss kein großer Prophet sein, um davon auszugehen, dass die AfD sehr gute Ergebnisse in diesen Ländern einfahren wird – und dass sie stärkste Partei in einem Land wird, liegt im Bereich des Möglichen“, sagte Jung.

AfD erhält Zuspruch aus der „bürgerlichen Mitte“

Momentan profitiere die AfD von Zuspruch aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, sagte der Meinungsforscher. „Zu den Wählern mit einer eher rechtsgerichteten Orientierung kommen Protestwähler hinzu. Die wollen nicht unbedingt, dass die AfD regiert.“

Zuspruch erhalte die AfD aktuell auch aus der „bürgerlichen Mitte“ – von Menschen, die sich selbst nicht als radikal empfinden, für die das radikale Image der AfD aber durchaus attraktiv sei. „Die Menschen, die die Protestfunktion der AfD nutzen, sind sich schon bewusst, dass da rechtsradikale Elemente eine wesentliche Rolle spielen“, sagte Jung. „Wenn die AfD eine ganz harmlose Partei wäre, dann würde sie sich viel weniger als Protestplattform eignen.“

Insofern gebe es unter den derzeitigen Unterstützern der AfD „nicht unbedingt eine Identifikation mit den zum Teil rechtsradikalen Positionen, die die AfD – etwa Herr Höcke – vertritt“, sagte der Meinungsforscher. „Aber die Menschen wissen: Wenn die AfD hohe Ergebnisse erzielt, werden viele Journalisten über die Probleme berichten, und die anderen Parteien werden sich stärker mit diesen Problemen beschäftigen. Das ist die gewünschte Wirkung.“

AfD-Anhängerschaft: „Jung, männlich, rechtsradikal“

Die Anhängerschaft der AfD reiche aber auch weit ins rechtsextreme Milieu hinein – Jung sprach in dem AFP-Interview vom „Baseballschläger schwingenden jungen männlichen Anhänger, der über ein geschlossen rechtsradikales Weltbild verfügt“. Dieser finde derzeit in der AfD ebenso eine Heimat wie der „eher unpolitische Mensch, der sich über die aktuelle Regierungspolitik aufregt“. Programm und politisches Personal der AfD spielten dabei keine große Rolle.

Nach Jungs Einschätzung ist derzeit offen, inwieweit sich die AfD dauerhaft als gewichtige politische Kraft etablieren wird. Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten seien die politischen Bindungen im Parteiensystem generell lockerer geworden. „Die AfD profitiert im Moment davon – aber sie kann natürlich auch in Situationen, die nicht mehr so günstig für sie sind, unter dieser Volatilität leiden“, sagte der Meinungsforscher. „Da kann eine gute Stimmung auch wieder versickern.“

Zuletzt geriet der CDU-Chef Friedrich Merz wegen seiner Aussagen zur AfD in die Kritik. Am vergangenen Sonntag erklärte Merz im ZDF-„Sommerinterview“, dass seine Partei im Zweifel auf kommunaler Ebene nach Wegen einer Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland suchen müsse. Es hagelte Kritik – auch aus den eigenen Reihen.