Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia gerät in Erklärungsnot. Der Grund: Vonovia hat im Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen mit dem Berliner Senat vor einem Jahr zugesagt, die Mieten in der Bundeshauptstadt bis zum 31. Dezember dieses Jahres für Haushalte mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) um „nicht mehr als zwei Prozent“ jährlich zu erhöhen.
In Mieterhöhungen der Vonovia und ihrer Tochter Deutsche Wohnen, die vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) untersucht wurden, findet sich jedoch kein Hinweis darauf, dass der Mietanstieg für WBS-berechtigte Haushalte auf zwei Prozent jährlich begrenzt ist. Stattdessen wurden die Mieten um bis zu elf Prozent angehoben.
„Wir haben bei allen von uns geprüften Mieterhöhungsverlangen der Vonovia und der Deutsche Wohnen aus März, April und Juni 2023 festgestellt, dass in keinem Schreiben auf die Verabredung im Mieten-Bündnis hingewiesen wird, wonach die Mieten für Haushalte mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein in diesem Jahr nur um maximal zwei Prozent erhöht werden dürfen“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen.
„Zumindest in den von uns bearbeiteten Fällen wird damit auf eklatante Weise gegen das Mieten-Bündnis verstoßen“, sagt Eupen. „Das wäre für sich genommen schon ein gravierender Vorfall und ein enormer Vertrauensverlust“, so der Mieterberater. Zu befürchten sei allerdings, dass sich „das Ausmaß der Verstöße gegen das Mieten-Bündnis nicht auf die von uns überprüften Mieterhöhungsverlangen beschränkt, sondern für einen Großteil der Mieterhöhungen, wenn nicht für alle, gilt“, so Eupen. „Falls das zutreffen sollte, wäre dies ein einzigartiger Skandal“, sagt er. „Denn dann müssen wir davon ausgehen, dass Vonovia und Deutsche Wohnen in Berlin mehrere Zehntausend Mieterhöhungen unter Missachtung der Zwei-Prozent-Obergrenze verschickt haben.“ Schließlich hätten die beiden Unternehmen alleine nach der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels rund 42.000 Mieterhöhungen angekündigt.
Vonovia: Wir setzen alle Bündnis-Verpflichtungen um
Die Vonovia war wie weitere Unternehmen und Verbände aus der Immobilienwirtschaft bei der Unterzeichnung des Mieten-Bündnisses am 20. Juni 2022 verschiedene Verpflichtungen eingegangen. Dazu gehört im Kapitel mit der Überschrift „Leistbare Mieten und sozialgerechte Mietengestaltung“ die Zusage, dass die großen privaten Wohnungsunternehmen mit mindestens 3000 Wohnungen in Berlin die Mieten in laufenden Verträgen innerhalb von drei Jahren um maximal elf Prozent statt um 15 Prozent erhöhen. Im anschließenden Satz heißt es: „Sie“, also die großen Wohnungsunternehmen, „werden weiterhin in Verträgen mit Haushalten“, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, „Mieterhöhungen bis 31.12.2023 um jährlich nicht mehr als 2 Prozent vornehmen.“ Außerdem sagten die Bündnispartner zu, auf Mieterhöhungen für WBS-berechtigte Haushalte zu verzichten, wenn die Mieter dadurch mehr als 30 Prozent ihres jährlichen Haushaltsnettoeinkommens für die Kaltmiete aufbringen müssten.
Die Vonovia erklärte dazu auf Anfrage: „Wir respektieren alle Absprachen und Verpflichtungen und setzen diese alle um.“ Erstens achte Vonovia „darauf, dass niemand finanziell überfordert“ werde. Zweitens halte Vonovia „alle rechtlichen Vorgaben ein“. Und drittens halte das Unternehmen „alle Vorgaben des Berliner Bündnisses ein“, so eine Vonovia-Sprecherin. „Zudem haben wir geprüft, dass keine übermäßigen Belastungen für unsere Mieterinnen und Mieter entstehen.“ Ähnlich äußerte sich die Deutsche Wohnen.



