Streik

Warnstreik der IG Bau in Berlin: „Wir suchen uns Baustellen, die wehtun“

Am Donnerstag begann der Streik der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt in Berlin. Die Branche streikt zum ersten Mal seit 17 Jahren.

Das Streikzelt in der Luisenstraße 38 in Berlin-Mitte 
Das Streikzelt in der Luisenstraße 38 in Berlin-Mitte Ferdinand Hübner / Berliner Zeitung

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt hat deutschlandweit zu Warnstreiks aufgerufen. Am Donnerstagmorgen begann der Streik auch in Berlin. Die Tarifverhandlungen waren in Niedersachsen gescheitert, nachdem die Arbeitgeberseite den Schlichterspruch am 3. Mai abgelehnt hat. Für Gewerkschaftssekretär Phillip Metzger ist die Ablehnung des Schlichterspruchs eine „Kriegserklärung der Arbeitgeber.“ Anlässlich des Warnstreiks hat nun ein Lokal für die Streikenden in der Luisenstraße 38 in Mitte geöffnet. 

Der Hof ist gefüllt mit Bierbänken und Streikteilnehmern der IG Bau. Gemeinsam spielen sie Karten und hören den Reden der Gewerkschaftsführer zu. „Wir Bauarbeiter sind sehr friedlich, aber wir sind auch sehr stolz“, sagt Hivzi Kalayci. Er ist einer der Gewerkschaftssekretäre. „Die Arbeitgeber haben es uns vorgeführt, hier gibt es nichts freiwillig, wenn ihr etwas wollt, dann müsst ihr es euch holen“, führt er in seiner Rede fort. Für den ersten Tag des Warnstreiks wurden sieben Baustellen der Firma Strabag geschlossen.

Die Anwesenden geben ihren Frust wieder. Ein Arbeitnehmer sagt: „Ich würde meinem Sohn davon abraten, auf dem Bau zu arbeiten. Die jungen Leute kannst du nur mit Geld locken, und das ist nicht da.“ Man sorgt sich hier über die Zukunft des Berufs, denn es gibt keinen Nachwuchs. Auszubildenden werde der rote Teppich ausgerollt, aber sie kommen trotzdem nicht, sagt eine Gruppe, die sich auf Straßenbau spezialisiert hat. 

„Es gibt keine Kompromisse mehr“

In Berlin und Brandenburg zählt die IG Bau 14.000 Mitglieder. Der Regionalleiter der Gewerkschaft, Nikolaus Landgraf, möchte nicht streiken, denn er hatte dem Schlichterspruch, wie er sagt „zähneknirschend zugestimmt“. Des Weiteren werde man nicht mehr die Summe aus dem Schlichterspruch fordern (250 Euro), sondern man fordere die ursprünglichen 500 Euro mehr im Monat. „Von unserer Seite gibt es jetzt keine Kompromisse mehr. Die Arbeitgeberseite muss die Konsequenzen tragen und entscheiden, wie lange der Streik gehen soll. Wir suchen uns Baustellen aus, die wehtun werden“, so Landgraf.

Obwohl die angekündigten Warnstreiks „wehtun“ sollen, heißt es in einem Pressestatement der Berliner Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen, dass sie sich nicht zu den Streiks äußern werde. Am Dienstag werden die Bauarbeiter wieder arbeiten – erst mal. Danach bleibt der weitere Streikverlauf offen. Sollten sich die Arbeitgeber nicht für Gespräche melden, wollen die Gewerkschafter einen unbefristeten Streik nicht scheuen. 

In der Bauarbeiterbranche ist dies der erste deutschlandweite Streik seit 22 Jahren. In Niedersachsen gab es vor 17 Jahren einen regionalen Streik. Die streikenden Berliner und Brandenburger ziehen im Verlauf des Tages noch vor das Brandenburger Tor und den Reichstag, um ihren Unmut kundzutun.