„Für alle, die noch immer im Unklaren sind, ob Masken gegen Covid schützen: hier eine neue amerikanische Mega-Studie, die über 1700 Studien auswertet“, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Ende Juli in einem Tweet. „Der Nutzen der Masken ist sehr groß, unumstritten und gilt für viele Bereiche.“ Lauterbach verwies auf eine Studie von sechs amerikanischen Wissenschaftlern, die in einem sogenannten Preprint erschien, also noch nicht von Fach-Wissenschaftlern (Peer-Review) begutachtet wurde.
Nun haben Experten genau diese Studie zur „Unstatistik des Monats“ gekürt. Mit dabei der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und seit 2020 Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz an der Universität Potsdam.
Gigerenzer hatte 2012 mit einem Bochumer Ökonomen und einem Dortmunder Statistiker die „Unstatistik des Monats“ ins Leben gerufen. Diese regelmäßige Veröffentlichung soll unter anderem dazu beitragen, „mit Daten und Fakten vernünftig umzugehen, in Zahlen gefasste Abbilder der Wirklichkeit korrekt zu interpretieren und eine immer komplexere Welt und Umwelt sinnvoller zu beschreiben“.
Analyse beruht auf kaum vergleichbaren Studien
Zunächst verweisen die Wissenschaftler darauf, dass es sich um eine „Meta“- und nicht um eine „Mega“-Studie handle, was aber wohl ein Fehler der Autokorrektur sei. Außerdem seien 13 Studien ausgewertet worden und nicht über 1700, wie Lauterbach schrieb. Warum die Studien-Autoren die Zahl der Studien derart schrumpften, werde nicht klar. Sie verlören „kein Wort über die von ihnen angelegten Kriterien für die Auswahl der Studien“, kritisieren die Experten um Gigerenzer. Die Auswahl sei aber „der entscheidende Schritt, über den vollkommene Transparenz herrschen sollte, da dieser Schritt die Ergebnisse bereits festlegt“.
Insgesamt wurden der Darstellung zufolge in der sogenannten Meta-Studie 1539 Teilnehmer aus 13 Studien erfasst, alle aus dem Jahr 2020. „Insgesamt waren 243 Probanden mit Covid-19 infiziert, von denen 97 Masken getragen hatten und 146 nicht“, schreiben die Autoren der kritisierten Studie. „Die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, lag bei Maskenträgern bei 7 Prozent, bei Nicht-Maskenträgern bei 52 Prozent.“
„Das Problem mit diesen Zahlen ist, dass diese auf kaum vergleichbare Studien beruhen“, schreiben die Kritiker um Gigerenzer. Die 13 Studien bestünden aus randomisierten Experimenten, aber auch aus Befragungen und Fallstudien, wobei die jeweiligen Studienteilnehmer oft nicht repräsentativ für die jeweilige Bevölkerung seien. In der Analyse aber erhielten alle diese Studien dasselbe Gewicht.
Schlechte Studien können dem Anliegen mehr schaden als nützen
Man könne die Wirksamkeit des Maskentragens nicht pauschal messen, so die Kritiker in ihrer Begründung für die „Unstatistik des Monats“. Die Ausgangsrisiken hängen Forschern zufolge von verschiedenen Bedingungen ab. Die Kritiker verweisen auf bessere Meta-Analysen, „die die unterschiedliche Wirksamkeit verschiedener Masken in Gesundheitseinrichtungen aufzeigen und auch die Notwendigkeit weiterer randomisierter Studien mit Menschen aus der Allgemeinbevölkerung unterstreichen“.
Eine solche randomisierte Studie mit 342.000 Teilnehmern in Bangladesch habe etwa berichtet, „dass ein Anstieg des Maskentragens von 13 auf 42 Prozent mit einer Reduktion von Covid-Erkrankungen innerhalb von neun Wochen von 8,6 auf 7,6 Prozent einherging“. Wie bei Impfungen betrage die Wirksamkeit nicht 100 Prozent, sondern sie hänge von vielen Faktoren ab.




