Nach der Pandemie

Berlins Hotelbranche erleichtert: Die Touris sind zurück

Corona ließ die Besucherzahlen einbrechen. Jetzt kommen wieder mehr Gäste. Doch Reisende aus einigen wichtigen Ländern fehlen weiterhin.

Frühling am Alex: Berliner und Touristen im Café
Frühling am Alex: Berliner und Touristen im CaféBerliner Zeitung/Markus Wächter

Zunächst ist es ein Gefühl. Ob an Hotspots wie Pariser Platz oder Checkpoint Charlie, ob in den Restaurants, Kneipen, Bars oder Clubs von Lichtenberg bis Charlottenburg, von Neukölln bis Pankow – Berlin ist wieder voll mit Menschen. Die Touristen, so scheint es, sind zurück.

Dieses Gefühl wird vom Hotel- und Gaststättenverband und auch von den Berlin-Werbern von Visit Berlin bestätigt. „Es geht besser als zuletzt“, sagt Gerrit Buchhorn von der Dehoga. Lag die Auslastung der Hotels in den gesamten ersten vier Monaten des Jahres bei bescheidenen 45,7 Prozent, wurde allein im April ein Wert von 68,4 Prozent erreicht. Das ist immer noch weniger als vor der Pandemie. Ob und wann die Corona-Delle sich wieder glättet, darüber möchte Buchhorn nicht einmal spekulieren: „Das wäre ein Blick in die Glaskugel“, sagt er und spricht von Unwägbarkeiten wie dem Ukrainekrieg.

Da richtet der Hotel-Lobbyist lieber einen Blick zurück auf die Zahlen des letzten Vor-Corona-Jahres. 2019 war in vielerlei Hinsicht ein Rekordjahr für die Berliner Beherbergungsbranche. Nach Angaben von Visit Berlin wurden 34 Millionen Übernachtungen gezählt, aufgeteilt auf 14,5 Millionen Gäste. Im Pandemie-Jahr 2021 waren es nur noch knapp 13 Millionen Übernachtungen. Im Jahr 2020, als noch keine Impfungen gab, waren die Zahlen noch deutlich schlechter.

Es ist ein zartes Pflänzchen des Aufschwungs, das Dehoga und Visit Berlin jetzt hegen und pflegen. Denn noch ist Corona in Berlin nicht vorbei. Die Inzidenz liegt zum Ende der Woche bei rund 520, aber die Seuche ist auch in den Krankenhäusern beherrschbar. Ein großer Vorteil scheint es zu sein, dass Covid zu einem gefühlt rein deutschen Thema geworden ist. In vielen anderen Ländern sind alle Maßnahmen längst abgeschafft, ist der Umgang mit der Pandemie entspannter. Ergebnis: Die Leute haben wieder Mut und Lust zu reisen.

Das hilft den Touristikern, lebt die Branche doch auch von internationalen Gästen. Zwar kommt der überwiegende Teil der Besucher weiterhin aus dem Inland – in den ersten beiden Monaten des Jahres waren es 1,28 Millionen Übernachtungen, das sind 66,7 Prozent –, doch das Ausland holt auf. Die meisten Auswärtigen kommen laut Visit Berlin aus Europa. Doch bereits auf Platz 5 stehen die USA. „Da hilft uns natürlich auch der neue New-York-Direktflug“, sagt Christian Tänzler von Visit Berlin. Seit Ende März fliegt United täglich von und nach New York.

„Die Marke Berlin ist nicht beschädigt“

Tänzlers Resümee: „Der Knoten ist in Berlin geplatzt.“ Ein wichtiges Signal war nach seinen Worten auch die Fruit Logistica Anfang des Monats. Die Messe für frisches Obst und Gemüse in den Messehallen am Funkturm sei „ein wichtiges Signal dafür gewesen, dass wieder etwas möglich ist“, sagt er und zitiert seinen Chef, Visit-Berlin-Geschäftsführer Burkhard Kieker: „Die Marke Berlin ist nicht beschädigt.“ Berlin habe immer noch den Nimbus einer kreativen Stadt, des Schaufensters von Deutschland.

Doch wie das so ist mit Signalen und Werbeclaims – sie sind noch nicht überall angekommen. Jedenfalls nicht in Asien, Australien und Neuseeland. „Das ist im Moment ein ganz schwieriges Feld“, sagt Tänzler und verweist auch auf die brachiale Lockdown-Strategie in China. Auch von dort kommen derzeit kaum Gäste. Die Zahl der Besucher aus Japan ist dramatisch zurückgegangen. So bleibt das kleine Israel das mit Abstand größte Berlin-Reiseland Asiens.

Doch was bedeuten diese Zahlen und Statistiken für die Berliner Hoteliers? Viele haben auch noch mit steigenden Personal-, Energie- und Lebensmittelpreisen zu kämpfen. Einen Teil davon habe man an die Kunden weitergegeben, „dennoch bleiben die Berliner Hotelpreise im Vergleich mit anderen Metropolen immer noch moderat“, sagt Dehoga-Mann Buchhorn. Insgesamt, so sagt er, „haben Hotels derzeit ein relativ gutes Geschäft“. Aber Buchhorn bleibt vorsichtig, das Bild sei uneinheitlich. So haben manche bereits Buchungen für den September, andere wissen überhaupt noch nicht, wie es weitergeht. Eine Tendenz aber gibt es: Je teurer, desto schwieriger auszulasten. Nur auf eine konkrete Aussage will sich Buchhorn einlassen: „Wir hoffen, dass die Auslastung der Betriebe weiter ansteigt.“

Und was ist eigentlich mit Airbnb, der Buchungs- und Vermietungsplattform? Ein schneller Selbsttest am Donnerstagnachmittag ergibt: Für die Zeit vom Sonnabend, den 30. April, bis Sonnabend, den 7. Mai, werden unter der Suchkategorie „2 Personen“ in Berlin 196 Unterkünfte angeboten. Der Durchschnittspreis wird mit 250 Euro pro Nacht ausgewiesen.

Doch die Spanne ist riesig: Vom „stilvollen 16-Quadratmeter-Schlafzimmer in moderner Wohngemeinschaft in Prenzlauer Berg“ für 52 Euro pro Nacht über ein Hausboot in Spandau („Penthouse-Feeling auf dem Wasser“) für 304 Euro pro Nacht bis zu einer „gemütlichen Wohnung in modernem Design auf 120 Quadratmetern“ für 1178 Euro pro Nacht ist fast alles dabei.