Steuerhinterziehung

Tausende Fälle: Berlins Steuerfahnder nehmen Influencer ins Visier

Es geht womöglich um Hunderte Millionen Euro: Haben Influencer bei ihren Steuern getrickst? Das Berliner Finanzamt versteht da keinen Spaß.

Eine Influencerin nimmt ein Schmink-Video auf. Hat sie alle Einnahmen korrekt abgerechnet?
Eine Influencerin nimmt ein Schmink-Video auf. Hat sie alle Einnahmen korrekt abgerechnet?Westend61/imago

In den sozialen Medien protzen viele Influencer mit ihrem luxuriösen Lebensstil: Essen in Sternerestaurants, Markenklamotten, schnelle Autos und traumhafte Urlaube. Zum Bild des erfolgreichen Social-Media-Stars gehört das einfach dazu. Doch offenbar fließt das nötige Geld dafür am Fiskus vorbei. Allein in Nordrhein-Westfalen sollen Influencer rund 300 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Den dortigen Steuerfahndern wurde ein Paket mit 6000 Datensätzen zugespielt. Nun will auch Berlin gezielt gegen Steuern vermeidende Influencer vorgehen.

Die Steuerermittler der Hauptstadt bekamen ebenfalls Tausende Datensätze zugespielt, wie aus zwei parlamentarischen Anfragen aus der SPD- und der Grünen-Fraktion hervorgeht. Dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen lägen rund 4000 Datensätze im Zusammenhang mit Social-Media-Akteuren vor, teilte Finanzstaatssekretär Wolfgang Schyrocki (CDU) auf die Anfragen mit. Um wie viel Geld es geht, ist aktuell noch unklar.

„Allein die Tatsache, dass Personen oder Unternehmen in diesen Datensätzen aufgeführt sind, lässt nicht automatisch auf ein steuerliches Fehlverhalten schließen“, erklärte Schyrocki. „Wie in anderen Einkommensbereichen besteht jedoch auch bei Einnahmen, die über Social-Media-Plattformen erzielt werden, das Risiko, dass Einkünfte nicht ordnungsgemäß erklärt werden.“ In dem Fall drohen Nachzahlungen und Strafen.

Zuständig für die Ermittlung von Steuerhinterziehern ist die Steueraufsichtsstelle Finanzamt für Fahndung und Strafsachen. Dort werden die Daten nun ausgewertet. Im Anschluss werden sie den Berliner Finanzämtern zur weiteren Bearbeitung übermittelt.

Und die haben aufgerüstet: „In den Berliner Finanzämtern gibt es zudem eine Personengruppe mit besonderen Fachkenntnissen im Bereich der Social-Media-Akteure“, so Schyrocki. Eine Art Taskforce für Steuern hinterziehende Influencer. Auch die anderen Bediensteten seien zu dem Themenbereich „Besteuerung von Social-Media-Akteuren“ umfassend sensibilisiert worden.

Zur Herkunft der Berliner Datensätze lagen keine Angaben vor. Laut Senatsfinanzverwaltung liegt jedoch die Vermutung nahe, dass es sich um Daten aus den gleichen Datenpaketen wie in NRW handelt. Das dortige Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität hatte nicht offengelegt, um welche Daten es sich konkret handelt.

Steuertipps für Influencer

Für die Social-Media-Akteure haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zudem einen Leitfaden zur Aufklärung über die allgemeinen steuerlichen Pflichten 2 erstellt. Er ist unter anderem auf der Website der Senatsverwaltung für Finanzen abrufbar.

Die Anfragen gestellt hatten der Grünen-Abgeordnete André Schulze und der Steuerexperte der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg. Die Antwort der Senatsfinanzverwaltung reichte Letzterem nicht aus.

„Während Nordrhein-Westfalen offensiv und transparent gegen möglichen Steuerbetrug von Influencern vorgeht, beschränkt sich der Berliner Senat auf defensive Antworten“, kritisierte er. „Dabei liegen in Berlin selbst 4000 Datensätze auf dem Tisch.“ Doch konkrete Zahlen oder Informationen über Ermittlungen oder Nachveranlagungen bleibe der Senat schuldig.

Er werde hier nachhaken, so Schlüsselburg. „Denn hier geht es um Gerechtigkeit.“ Eine Kassiererin im Supermarkt müsse jeden Cent versteuern – und mit ihren Klicks mache sie Influencer reich, die dann oft ihre Steuern nicht ordentlich zahlten. „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern schadet uns allen.“

(Mit dpa)