Herbstnebel legt sich über die Stadtautobahn wie abgestandener Atem. Blechlawinen aus Autos und Lastwagen schieben sich am Dreieck Funkturm vorbei, das in diesen Tagen wie die Kulisse eines Endzeitepos wirkt. Über dieser Szenerie thront schemenhaft das Internationale Congress Centrum – und wirkt dabei wie ein stiller Beobachter des pulsierenden Hauptstadtverkehrs. Das ICC, ein Riese aus Aluminium und Stahlbeton, halb Raumschiff, halb Relikt, ruht da wie ein gestrandeter Wal, der nicht mehr atmet. Schon lange steht das einstige Wahrzeichen westdeutscher Ingenieurskunst leer, nagt der Zahn der Zeit an den eloxierten Fassaden.
Doch nun kommt Bewegung in den schlafenden Koloss. Nach vielen Jahren der Ungewissheit, zahllosen Gutachten und endlosen politischen Debatten zeichnet sich endlich eine Lösung für Berlins milliardenschweres Denkmal ab: Wie kürzlich bekannt wurde, hat der Berliner Senat offenbar einem Konsortium den Auftrag erteilt, ein Konzept für die Zukunft des ICC zu entwickeln.
Wer genau zu diesem Konsortium gehört, bleibt geheim. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) wahrt Stillschweigen und verweist auf die „Vertraulichkeit im laufenden Verfahren“. Ebenso wenig ist bislang bekannt, nach welchen Kriterien das Konsortium ausgewählt wurde, welche Auflagen für die Entwicklung des ICC und seines Umfelds gelten und mit welchen Investitionssummen dabei zu rechnen ist. Offiziell heißt es lediglich, eine fachkundige Jury habe den Zuschlag „nach Bewertung der Eignung und Qualität der Konzepte“ erteilt. Ziel des Konzeptverfahrens sei es, einen geeigneten Betreiber zu finden, der das Gebäude saniert, renoviert und gegebenenfalls umbaut.
Besonders prekär: Nach Informationen der Berliner Zeitung sollen im Zuge dessen offenbar auch zwei benachbarte Grundstücke in die künftige Entwicklung des ICC einbezogen worden sein. Kritiker sprechen bereits jetzt von einem politischen Skandal.

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