Es ist ein Etappensieg. Im Rechtsstreit um den Kaufvertrag für eine Eigentumswohnung im Steglitzer Kreisel hat sich der Käufer einer noch zu bauenden Wohnung gegen den Bauträger, die Adler Group, durchgesetzt. Das Landgericht Berlin entschied am Mittwoch, dass der im Jahr 2018 abgeschlossene Vertrag über die Wohnung sowie einen Stellplatz in der Tiefgarage Bestand hat. Die Vorsitzende Richterin erklärte, sie sehe „keinen wichtigen Grund“ für eine nachträgliche Änderung des Kontrakts, wie ihn die Adler Group verlangt hatte.
Der Käufer, der vor Gericht gezogen war, zeigte sich nach der Urteilsverkündung zufrieden. „Ich bin sehr froh“, sagte André Gaufer. „Die Gerechtigkeit hat sich durchgesetzt.“ Ein Notarvertrag müsse eingehalten werden. „Ich werde das Urteil mit meinem Rechtsanwalt genau prüfen und dann entscheiden, welche Ansprüche daraus abzuleiten sind“, kündigte Gaufer an. „Ich bestehe allerdings darauf, dass der Vertrag umgesetzt wird“, so der 57-Jährige.
Gaufer hatte im Jahr 2018 auf den Namen seiner Firma Profinance einen Kaufvertrag für eine rund 70 Quadratmeter große Wohnung im Steglitzer Kreisel sowie für einen Stellplatz im Parkhaus unterzeichnet. Die Immobilie ist eine von rund 330 Eigentumswohnungen, die beim Umbau des Steglitzer Kreisels vom Büro- zum Wohnhochhaus entstehen sollen. Doch inzwischen gab es einen Wechsel. Die Adler Group ist nun Eigentümer des Steglitzer Kreisels. Sie legte den Erwerbern Nachträge vor, mit denen die Kaufverträge geändert werden sollten.
So sollte für Gaufer der mit dem notariellem Kaufvertrag erworbene Stellplatz als Kaufgegenstand entfallen. Stattdessen wurde ihm nur noch „die Möglichkeit zum Erwerb eines Stellplatzes in der Tiefgarage des künftigen Bürogebäudes“ zugesagt, das anstelle des alten Parkhauses geplant ist. Darüber hinaus sollte es weitere bauliche Abweichungen vom ursprünglichen Kaufvertrag geben. Damit nicht genug: Der Fertigstellungstermin wurde von 2022 auf 2024 verschoben.

Gaufer lehnte eine Unterschrift unter die nachträglichen Änderungen ab. Die Gegenseite erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag – mit Verweis auf einen angeblichen Verstoß Gaufers gegen das „Kooperationsgebot“. Vor dem Landgericht konnte sich die Adler Group damit aber nicht durchsetzen. Die Vorsitzende Richterin erklärte, die Adler Group habe mangels Rücktrittsgrund nicht den Rücktritt vom Vertrag erklären können. Damit bleibe es bei der ursprünglichen Vereinbarung.
Adler Group will die schriftliche Begründung abwarten
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Adler Group kann in die Berufung gehen. Wie sich der Eigentümer des Steglitzer Kreisels verhalten wird, ist unklar. Eine Unternehmenssprecherin erklärte auf Anfrage, sich „zu laufenden Verfahren grundsätzlich nicht öffentlich“ zu äußern. „Nach dem Urteil werden wir die schriftliche Begründung abwarten und diese anschließend analysieren“, so die Sprecherin.
Fragen nach dem Stand der Bauarbeiten beantwortete die Adler Group nicht. Anfang März dieses Jahres hatte das Unternehmen noch mitgeteilt, dass große Teile des Komplexes im Jahr 2024 fertiggestellt werden sollen, unter anderem auch die Wohnungen. Die gesamte Fertigstellung des Projekts stellte Adler im März für das Jahr 2025 in Aussicht.
Während sich auf der Baustelle des Steglitzer Kreisel von außen betrachtet kaum etwas tut, sind nach Angaben des Bezirks Bauaktivitäten dennoch im Gange. „Aktuell finden Maurer- und Stahlbetonarbeiten im Rahmen der Teilleistungen Stahlbau statt“, heißt es jedenfalls in der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage der Abgeordneten Kristin Brinker (AfD). Die Senatsverwaltung beruft sich dabei auf Angaben aus dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf.
Dem Bezirk liegt seit Juni dieses Jahres ein Bauzeitenplan vor
Der Bezirk will sich nicht zum Landgerichtsurteil äußern. Aus bezirklicher Sicht obliege der Umgang mit dem Urteil der Adler Group, erklärte der Baustadtrat Patrick Steinhoff (CDU). Dem Bezirk liege seit Juni 2023 ein Bauzeitenplan vor, der vor allem „Arbeiten der statischen Deckenertüchtigung sowie Maurer- und Stahlbetonarbeiten bis ins Jahr 2024 enthält“, so Steinhoff. „Unseres Wissens nach werden hier entsprechende bauausführende Firmen gesucht“, teilte der Stadtrat mit. Eine Aussage zur Gesamtfertigstellung könne „derzeit nicht getätigt werden“.
Sollte die Entscheidung des Landgerichts rechtskräftig werden, könnte sie Bedeutung für ähnliche Fälle bekommen. Denn immer wieder sehen sich Käufer von Wohneigentum damit konfrontiert, dass Bauträger Vertragsänderungen erreichen wollen. Im Fall von André Gaufer wäre damit ein größerer Miteigentumsanteil verbunden gewesen – ein größerer Anteil des Erwerbers am gesamten Projekt. Dies hätte zwar bedeutet, dass Gaufer bei Abstimmungen in der Eigentümerversammlung ein stärkeres Stimmrecht bekommen hätte, zugleich hätte er aber auch einen höheren Anteil an den Betriebskosten zahlen müssen. Mit dem Urteil des Landgerichts steht fest, dass sich für Gaufer am ursprünglich vereinbarten Miteigentumsanteil nichts ändert.




