Tagebuch

Softporno-Stimmung im Pool: Ist das Liquidrom die Gay-Sauna für Heteros?

Unser Kolumnist war kürzlich im Kreuzberger Wellnessbad Liquidrom zu Gast – und etwas überrascht angesichts von sehr viel freizügigem Petting im großen Pool.

Im Ohm-Klangbecken liegt eine junge Frau im Liquidrom in Berlin und schwebt noch allein. 
Im Ohm-Klangbecken liegt eine junge Frau im Liquidrom in Berlin und schwebt noch allein. Rainer Jensen/dpa

Falls sich jemand mal gefragt hat, ob die gute alte Heterosexualität in Berlin inzwischen ausgestorben ist, empfehle ich einen Besuch im Kreuzberger Wellnessbad Liquidrom. (Nicht zu verwechseln mit den Konzertlocations Tempodrom und Velodrom, obwohl das Tempodrom tatsächlich um die Ecke ist vom Liquidrom.)

Freitagabend gegen 22 Uhr im großen Becken: Das Wasser ist auf 36 Grad geheizt, das Licht stimmungsvoll heruntergedimmt, allerlei dezent-bunte Lichter beleuchten das silbriggraue, industriell-coole Kuppel-Mauerwerk.

Und ich fühle mich schnell wie ein Zaungast im Softporno, irgendwo zwischen „Eis am Stiel“, Teil 8, und „Blaue Lagune“ und wie sie nicht alle heißen, diese Filmchen, deren Titel ich mir natürlich, hust-hust, erst hier im Kollegium erfragen musste.

Denn: Das stylishe Becken ist offenbar ein gigantomanischer Magnet für (zu dieser Abendstunde zumindest ausschließlich gegengeschlechtliche) Petting-Fans: Es wird geknutscht, gefummelt, was das Zeug hält. Softsex im heißen Wasser.

Ist das Berliner Liquidrom ein Ort für anonymen Hetero-Sex?

Einige der jungen Männer beugen sich am inneren Beckenrand weit über ihre Damenbegleitung, als wollten sie sie gleich verschlingen. Kein Wunder, dass die Hausordnung in diesem Becken Badebekleidung vorschreibt. Überall sonst im Liquidrom, in den Saunas sowieso, ist ja Nacktheit gestattet oder sogar gefordert.

Schockiert hat mich all dies natürlich nicht. Schließlich war ich auch schon an ganz anderen Orten wie der Männersauna namens Boiler und dem Sex-Club Lab neben dem Berghain. Jeweils Destinationen, die queeren, vor allem schwulen und oft anonymen Sex willkommen heißen.

Aber gerade darum hab ich mich im Liquidrom zur fortgeschrittenen Abendstunde dann doch gefragt: Ist das Liquidrom etwa das Lab für Heteros? (Frauen dürfen hier ja, anders als ins Lab normalerweise, rein.) Im Sinne der Gleichberechtigung wäre das doch eine gute Sache, wenn auch Heteros ihre Sex-Orte in der Stadt hätten.

Wobei, es sei an dieser Stelle noch mal betont, die Liquidrom-Leitung das offiziell bislang ja nicht erlaubt, Stichwort Badekleidungspflicht. Allerdings gestatten die Berliner Bäder-Betriebe (zu denen das private Liquidrom nicht gehört) ja seit ein paar Tagen Schwimmen „oben ohne“ auch den Frauen ausdrücklich.

Ob das im privaten Liquidrom wohl auch geht? Dann dürfte es bald im großen Salzwasserpool noch etwas heißer blubbern. Aber keine Sorge, ich habe nichts gegen Heteros. Lieben und lieben lassen. Dit is Berlin. Und manchmal liegt Berlin halt doch an der blauen Lagune.