Stadtbild

Sitzstreik für die Berliner Müllabfuhr

Wegen parkender Autos vor dem Haus droht der Entsorger, die Abfälle nicht mehr abzuholen. Unser Autor hätte ein paar Vorschläge. 

So sieht es aus, wenn die Müllabfuhr nicht abholt. 
So sieht es aus, wenn die Müllabfuhr nicht abholt. dpa

Die Hausverwaltung hat geschrieben. Eine der Müllabfuhren habe angekündigt, künftig die Tonnen nicht mehr zu leeren, solange sich die Parksituation vor dem Haus nicht ändert. Dort stehen nämlich Autos. Ja, richtig gelesen: Autos! So wie fast überall in der Stadt, und eben auch direkt vor dem Hauseingang. Statt dem Müllunternehmen zu antworten, dass die Lage sehr wahrscheinlich nicht exklusiv für dieses eine Haus gilt, schreibt die Hausverwaltung also lieber den Bewohnern: „Bitte klären Sie umgehend diese Situation.“

Nur, was gibt es da groß zu klären, wenn fremde Leute ihre Autos völlig rechtskonform im öffentlichen Straßenraum abstellen? Sollen wir die Fläche vor dem Eingang mit einem Sitzstreik blockieren, Campingzelte aufstellen, uns gar festkleben?

Die Nebenhäuser haben es mit Hinweisschildern probiert, die auf ein angebliches Parkverbot hinweisen und das Abschleppen von Fahrzeugen androhen. Das interessiert aber niemanden, der einen Parkplatz sucht und dort die letzte freie Lücke findet – und das nicht mal wegen einer ausgeprägten Chuzpe, sondern weil es erlaubt ist. Wer privat Schilder aufstellt, deren Inhalt von der Rechtslage abweicht, kann nicht darauf vertrauen, dass dieser Inhalt plötzlich rechtlich bindend ist.

Natürlich ist die Situation für alle ärgerlich: für die Müllabfuhren, die volle und schwere Tonnen an engen Stellen hindurchziehen oder weit schieben müssen, ebenso wie für die Anwohner, deren Müll bisweilen stehen gelassen wird. Trotzdem ist es beschwerlich, wenn solche Themen immer wieder auftauchen, als seien sie noch nie besprochen worden.

Abgesenkter Bordstein bedeutet nicht automatisch Halteverbot

Dabei gab es diese Diskussion vor zwei Jahren schon einmal, weil einige Nachbarn meinten, vor dem abgesenkten Bordstein dürfe nicht geparkt werden – bis das Ordnungsamt die Lage erklärt hat: Dient der Hauseingang nicht als Einfahrt und gibt es vor dem Haus keine Querung, gilt auch kein Halteverbot. Der abgesenkte Bordstein dient lediglich der leichteren Abholung der Mülltonnen, soweit möglich.

Es wäre zu schön, wenn das Problem nicht in zwei Jahren wieder wie ein Bumerang zurückkehren, sondern lösungsorientiert in Angriff genommen würde. Eben weil das Problem nicht nur für ein Haus gilt, sondern exemplarisch ist für eine Straße, ein Quartier, die komplette Innenstadt. Wie wäre es mit temporären Parkverboten in Abholzonen, wie es sie in anderen Ländern gibt? Oder mit festen Schneisen vor jedem zweiten Haus? Ob das Problem in der Bearbeitung ist? Wohl kaum. Selbst die seit 2019 von der BSR angebotenen Transportüberwege, die wie Brücken auf einer Parkfläche installiert werden, stecken drei Jahre später noch in der Pilotphase.