Landgericht Berlin

Student Timothy S. in Berlin entführt: Angeklagter brauchte Geld für Drogen

Im Prozess am Landgericht Berlin um mehrere Raubstraftaten und die Entführung eines 22-jährigen Mannes hat auch der zweite Angeklagte ein Geständnis abgelegt.

Die Verteidiger von Alan L. und Mohamed F. Die Angeklagten selbst ließen sich nicht für ein Foto vorführen.
Die Verteidiger von Alan L. und Mohamed F. Die Angeklagten selbst ließen sich nicht für ein Foto vorführen.Pressefoto Wagner

Nils W. steht von der Zeugenbank auf, schaut zu den Angeklagten, dann nickt er. Er erkenne die beiden wieder, sagt der 24-Jährige. Nils W., ein schmaler und nicht sehr großer junger Mann, ist an diesem Montag Zeuge im Prozess gegen Alan L. und Mohamed F. Die 21 und 24 Jahre alten, kräftig gebauten Männer müssen sich wegen mehrerer Raubüberfälle und erpresserischen Menschenraubs verantworten – unter anderem wegen der Entführung des 22-jährigen Studenten Timothy S. im Sommer vergangenen Jahres.

Doch an diesem zweiten Verhandlungstag ist der Student noch nicht als Zeuge geladen. Dafür aber Nils W., er ist eines der acht Opfer des mutmaßlichen Räuber-Duos. Ganz ruhig schildert er, wie er am frühen Morgen des 24. Juli vorigen Jahres von Treptow aus den vom Hauptbahnhof abfahrenden ICE nach Köln erreichen wollte. Gegen drei Uhr sei er aufgestanden, den Bus habe er leider verpasst, erzählt er. Also sei er zum S-Bahnhof Plänterwald gelaufen. Dort hätten sich zwei dunkel gekleidete Männer am Fahrradständer aufgehalten.

„Ich hatte ein komisches Gefühl“, erzählt Nils W. – das ihn nicht trog, denn die beiden Männer verstellten ihm plötzlich den Weg, forderten ihn auf, den Rucksack abzusetzen, Handy und Brieftasche herauszurücken. Das Messer, das der eine in der Hand hielt, und der Revolver des anderen „waren ausreichend, um mich zu überzeugen“, berichtet der Zeuge.

Mit dem Uber-Taxi zum Geldautomaten

Beide Täter hätten ruhig und gelassen gewirkt, sagt Nils W. Anschließend riefen sie ein Uber-Taxi, um mit ihrem Opfer zu einem Geldautomaten am S-Bahnhof Treptower Park zu fahren. Dort musste Nils W. seine Kreditkarte in den Geldautomaten stecken und seine Pin eingeben. Einer der Täter gab dann die geforderte Geldsumme ein. Doch weil nicht genug Geld auf dem Konto von Nils W. war, funktionierte weder die Auszahlung von 1000, noch von 800 oder 600 Euro. Erfolgreich waren die Räuber bei 450 Euro.

Anschließend hätten sich die Täter verabschiedet. Nils W. war es recht: „Ich wollte zum ICE, hatte mir Mühe gegeben, alles schnell über die Bühne zu bringen“, sagt er. Er sei froh gewesen, dass die Täter ihm das Handy gelassen hätten – weil er darauf seine Fahrkarte gespeichert hatte. Nach dem Überfall habe er zwei Monate lang ein etwas mulmiges Gefühlt gehabt, wenn er nachts unterwegs gewesen sei. „Das war dann aber weg“, berichtet der Zeuge. Mit dem Geld aus der Brieftasche wurden ihm rund 600 Euro geraubt.

Nachdem am ersten Verhandlungstag schon der angeklagte Alan L. ein Geständnis abgelegt hatte, gibt auch Mohamed F. an diesem Tag die in der Anklage stehenden acht Raubstraftaten und die Verschleppung von Timothy S. zu. Er sei in großen finanziellen Schwierigkeiten gewesen, lässt der 24-Jährige über seinen Anwalt erklären. Seinen Drogenkonsum habe er nicht mehr finanzieren können.

Ohne den Kontakt zu seinem Mitangeklagten und dessen Schilderung, wie leicht solche Überfälle seien, hätte er die Taten nicht begangen, versichert Mohamed F. Zu der Entführung des Studenten, an der er nach eigenen Worten beteiligt gewesen ist, will er sich erst am nächsten Verhandlungstag ausführlich äußern. Timothy S., der im Prozess Nebenkläger ist, soll erst in einer Woche als Zeuge gehört werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten im Fall des Studenten vor, dem jungen Mann am Morgen des 30. Juli vorigen Jahres bis in den Fahrstuhl seines Studentenwohnheims gefolgt zu sein, ihn dort mit einem Messer bedroht und Handy sowie Geldbörse verlangt zu haben. Laut Anklage fanden Alan L. und Mohamed F. über das Handy ihres Opfers heraus, dass Timothy S. auf seinem Konto statt der angegebenen 800 Euro über ein Guthaben von 13.000 Euro verfügte.

Die Angeklagten sollen die Angst des Opfers ausgenutzt haben und mit ihm zu einem Geldautomaten gefahren sein. Dort hoben sie kurz nach 3 Uhr nachts die höchstmögliche Summe von 1500 Euro vom Konto des Studenten ab. Anschließend sollen sie beschlossen haben, Timothy S. so lange festzuhalten, bis sie sein Konto leer geräumt hätten. Deswegen sollen sie ihr Opfer in die Wohnung von Alan L. gebracht haben, wo Timothy S. laut Anklage zum Konsum von Cannabis und Kokain gezwungen worden sei.

Der Polizei gelang es, das Handy des verschwunden Studenten zu orten. Am 5. August wurde Timothy S. befreit.