Brandenburg

Potsdamer Garnisonkirche: Rechnungshof rügt Mittelvergabe für Turm

Steuerverschwendung: Bundesbehörden haben laut einem Bericht gegen wesentliche Haushaltsbestimmungen verstoßen.

Baustelle des Turms der Garnisonkirche in Potsdam
Baustelle des Turms der Garnisonkirche in PotsdamImago/Schöning

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesfinanzministerium haben bei der finanziellen Unterstützung des Wiederaufbaus des Turms der Garnisonkirche in Potsdam gegen „wesentliche Haushaltsbestimmungen verstoßen“. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrechnungshof in einem jetzt vorgelegten Bericht an den Bundestagshaushaltsausschuss.

Bei der Veranschlagung der Mittel im Jahr 2014 hat es demnach an der „erforderlichen Etatreife“ gefehlt, weil keine geeigneten Planungsunterlagen vorlagen und die gesicherte Gesamtfinanzierung nicht in der gebotenen Weise geprüft wurde.

Trotz des ausdrücklichen Willens des Finanzministeriums und der Kulturstaatsministerin, nur einen Festbetrag von zunächst bis zu zwölf Millionen Euro für das Vorhaben bereitzustellen, seien sie nach dem Baubeginn gezwungen gewesen, weitere Mittel zu bewilligen, um eine sogenannte Förderruine zu vermeiden, heißt es in dem Bericht. Inzwischen beläuft sich die Förderung des Bundes auf 24,75 Millionen Euro. Der „Festbetrag“ von bis zu zwölf Millionen Euro hat sich damit mehr als verdoppelt.

Nach Baubeginn wurden Mittel weiter aufgestockt

Die Garnisonkirche war im Krieg zum Teil zerstört und im Jahr 1968 abgerissen worden. Im Jahr 2017 begann der Wiederaufbau des Turms. Initiatorin des Projekts ist die Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Trotz einer im Jahr 2013 in Aussicht gestellten Bundesförderung von zwölf Millionen Euro reichten die Mittel der Stiftung nicht aus, um den auf 100 Millionen Euro geschätzten Wiederaufbau der Garnisonkirche oder auch nur den Wiederaufbau des Turms zu finanzieren.

Daraufhin unterteilte die Stiftung den auf 40 Millionen Euro bezifferten Wiederaufbau des Turms in zwei Bauphasen: In einer ersten Phase wollte sie eine sogenannte Grundvariante für 27,5 Millionen Euro bauen. Dazu wollte die Stiftung 15,5 Millionen Euro an Eigenmitteln beisteuern. In einer zweiten Bauphase sollten später die Turmhaube und Schmuckelemente hinzugefügt werden. Die ursprüngliche Idee, die gesamte Kirche wieder aufzubauen, verfolgte die Stiftung zwischenzeitlich nicht weiter.

Die Kulturstaatsministerin, damals Monika Grütters (CDU), bewilligte zunächst im Jahr 2017 eine Förderung von zwölf Millionen Euro als „Festbetrag“. Nach Baubeginn stockte die Kulturstaatsministerin die Mittel weiter auf – mittlerweile beläuft sich die Förderung des Bundes auf 24,75 Millionen Euro. Das Amt der Kulturstaatsministerin bekleidet inzwischen die Grünen-Politikerin Claudia Roth.

Rechnungshof: Fataler Bewilligungskreislauf

Besonders gravierend: Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass bei der Veranschlagung der zusätzlichen Haushaltsmittel „alle Fehler aus der Anfangsphase wiederholt wurden und es zu weiteren Mängeln kam“. So „fehlten wiederum geeignete Bauunterlagen“, notiert der Rechnungshof. Dem Parlament fehlten damit wichtige Informationen. Die Kulturstaatsministerin hätte vor der Veranschlagung oder haushaltsmäßigen Anerkennung weiterer Bundesmittel „jetzt erst recht die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stiftung prüfen müssen“. Das Finanzministerium hätte „hierauf dringen müssen“. Auch hätten Kulturstaatsministerin und Finanzministerium „darauf dringen müssen“, dass die Unterstützer der Stiftung und die Nutzer der Garnisonkirche weitere Mittel einsetzen.

Der Rechnungshof kritisiert, dass eine zu frühe Festlegung des Bundes zur Förderung von Baumaßnahmen einen „fatalen Bewilligungskreislauf in Gang setzen“ kann, wenn ansonsten eine Förderruine droht. Auch die Festlegung auf einen Festbetrag schließe dies nicht aus, wenn der Empfänger der Mittel nicht in der Lage sei, Mehrausgaben aus eigener Kraft oder aus Drittmitteln zu finanzieren. Die Kulturstaatsministerin und das Finanzministerium haben laut Rechnungshof in ihren Stellungnahmen bestritten, dass es sich beim Bau des Turms der Garnisonkirche um eine haushaltsrechtlich unzulässige Anfinanzierung eines Vorhabens gehandelt habe. Sie seien von einer gesicherten Gesamtfinanzierung ausgegangen.

Die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Linke) übt Kritik. „Der Wiederaufbau der Garnisonkirche ist eine dauernde historische und finanzpolitische Skandalgeschichte“, sagt sie. „Von Frau Roth hätte ich erwartet, dass sie die Finanzierung für das dubiose Projekt beendet.“ Die Grünen-Politikerin hätte ein Zeichen setzen können, „dass sie mit der rückwärtsgewandten Kultur- und Geschichtspolitik ihrer Vorgängerin endlich bricht“. Doch sie habe trotz aller Kritik noch 4,5 Millionen Euro für die Garnisonkirche freigegeben.