Neuer Landeswahlleiter

Wahlpannen in Berlin: Dieser Professor soll das Chaos ordnen

Personalwechsel: Stephan Bröchler wird neuer Landeswahlleiter. Er könnte schon bald jede Menge Arbeit bekommen.

Wird neuer Wahlleiter in Berlin: Politikwissenschaftler Stephan Bröchler.
Wird neuer Wahlleiter in Berlin: Politikwissenschaftler Stephan Bröchler.HWR Berlin

Berlin bekommt einen neuen Landeswahlleiter: Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Stephan Bröchler soll das Amt von Ulrike Rockmann übernehmen. Das erfuhr die Berliner Zeitung aus Senatskreisen. Nach dem Rücktritt von Petra Michaelis wegen der Pannen-Wahl im vergangenen Jahr führte ihre Stellvertreterin Rockmann die Geschäfte kommissarisch. Bröchler soll am kommenden Dienstag auf der Senatspressekonferenz vorgestellt werden.

Stephan Bröchler ist Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). Er studierte Rechtswissenschaft, Politik und Philosophie an der Universität in Köln, Sozialwissenschaften in Duisburg und Politik- und Verwaltungswissenschaft in Konstanz. Als Mitglied der Expertenkommission, die im Juli einen Abschlussbericht zum Wahlchaos in Berlin vorgelegt hatte, ist er mit den Vorgängen vertraut. Seine Erfahrung sei ein gewichtiger Grund für die Entscheidung gewesen, heißt es aus Senatskreisen. Ob Bröchler nach der Ernennung durch den Senat selbst an der anschließenden Pressekonferenz teilnehmen wird, sei noch unklar.

Das Amt soll der 60-Jährige am 1. Oktober übernehmen. Seine kommissarische Vorgängerin Ulrike Rockmann scheide dann auf eigenen Wunsch hin aus der Berliner Wahlleitung aus, heißt es. Sie wird also auch nicht mehr als Stellvertreterin zur Verfügung stehen.

Das Datum der Ablösung sei bewusst gewählt, heißt es aus Senatskreisen. Nach den Pannen bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2021 hatte Rockmann als kommissarische Wahlleiterin Einspruch beim Landesverfassungsgerichtshof eingelegt. Sie beantragte, die Wahl in den Kreisen Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf für teilweise ungültig zu erklären. Da die erste mündliche Verhandlung des Verfassungsgerichtshofs für den 28. September angekündigt ist, könne Rockmann auf diese Weise ihre Position vor Gericht noch einmal erörtern. Bei der Verhandlung soll es laut einer Pressemitteilung um die Themen Wahlfehler, Beeinflussung der Sitzverteilung und Rechtsfolgen gehen.

Bei der Verhandlung des Landesverfassungsgerichtshofs Ende September ist noch keine Entscheidung dahingehend zu erwarten, ob das Abgeordnetenhaus zumindest teilweise neu gewählt werden muss. Gut möglich, dass es dabei aber nicht bleibt: Der Bundeswahlleiter hatte nach einer Anhörung im Bundestag erklärt, dass auch auf Bundesebene zum Teil neu gewählt werden müsse. Die Entscheidung darüber wird der Bundestag im Herbst fällen. 

Die Expertenkommission, der der neue Landeswahlleiter angehörte, hat im Juli einen Bericht zur Chaos-Wahl im vergangenen Jahr vorgelegt. Bemängelt wurden dabei vor allem die unklaren Verantwortlichkeiten zwischen Bezirks- und Landesebene. Eine gesamtstädtische Perspektive habe gefehlt. Außerdem habe man in Berlin den Aufwand massiv unterschätzt, den gleich vier Wahlgänge bedeutet haben.

So wurden im September 2021 der Bundestag, das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen neu gewählt. Zudem gab es noch einen Volksentscheid. Das Desaster perfekt macht dann der Berlin-Marathon, der am selben Sonntag veranstaltet wurde. Daher waren Wahllokale, denen die Stimmzettel ausgegangenen waren, stundenlang vom Nachschub abgeschnitten.