Neue Wolfsverordnung

Brandenburg erlaubt das Schießen von Wölfen - Naturschützer protestieren

Die neue Wolfsverordnung für Brandenburg regelt, wie im Ernstfall mit „Problem-Wölfen“ umgegangen werden soll. Jägern geht die Verschärfung nicht weit genug.

 Ein Wolf in einem Wald.
Ein Wolf in einem Wald.dpa/ZB/Gabbert

Berlin-Das Schießen von Wölfen wird im Land Brandenburg deutlich erleichtert. Es gibt nun nicht mehr zwingend eine Einzelfallprüfung, ob ein Wolf ein sogenannter Problem-Wolf ist und damit eine potenzielle Gefahr. Doch den Jägern geht die neue Wolfsverordnung nicht weit genug – und die Naturschützer protestieren gegen die Verschärfung. Die verhärteten Fronten werden damit auch durch die Neuregelung nicht aufgeweicht.

Das Potsdamer Agrar- und Umweltministerium hat die Wolfsverordnung für Brandenburg überarbeitet. Sie ist Teil des sogenannten Wolfsmanagementplans, der festlegt, wie mit den streng geschützten Raubtieren umgegangen werden soll, wie vor allem der Schutz der Landwirte und deren Entschädigung finanziert werden, wenn Wölfe ihre Nutztiere reißen. Darin wird auch geregelt, wie im Ernstfall mit „Problem-Wölfen“ umgegangen wird. Die Verordnung sorgt auch deshalb für bundesweite Aufmerksamkeit, weil Brandenburg mit 149 Rudeln das Land mit den meisten Wölfen und den meisten gerissenen Nutztieren ist.

Die Verordnung erleichtert die „Entnahme“ der Wölfe, gemeint ist damit in der Praxis meist der Abschuss von Wölfen. In der bisherigen Verordnung war der Abschuss nur in streng geregelten Ausnahmefällen erlaubt. Nur dann, wenn ein „Problem-Wolf“ seine natürliche Scheu vor Menschen verloren hat und immer wieder in Dörfer oder Siedlungen kommt und so zu einer Gefahr für Menschen wird.

Wie das Ministerium nun mitteilt, werden die Optionen nun erweitert. „Neu ist die Möglichkeit, Entnahmen von Wölfen anzuordnen, die über längere Zeiträume in bestimmten Gebieten überdurchschnittlich oft Nutztiere reißen.“ Die Raubtiere müssen nicht mehr nur eine Gefahr für Menschen sein, sondern auch für die Nutztiere.

Über die Verordnung wurde heftig gestritten. Die Naturschützer fordern, dass der Status des streng geschützten Wolfes erhalten bleibt. Vertreter von Jägern und Bauern fordern hingegen, dass für das Land eine Obergrenze festgelegt wird, wie viele Wölfe maximal geduldet werden. Wenn es mehr werden, sollen diese geschossen werden dürfen. Dieses Konzept hat sich nicht durchgesetzt.

„Die derzeitige Lösung ist desaströs und bringt rein gar nichts“, sagte Dirk-Henner Wellershoff der Berliner Zeitung. Der Präsident des Brandenburger Jagdverbandes fordert weiterhin die Einführung von klaren Obergrenzen. „Wir wollen eine breit angelegte Diskussion mit allen beteiligten Verbänden darüber, wie die Obergrenzen festgelegt werden sollen.“ Die aktuelle Verordnung ist aus seiner Sicht keine Lösung der Probleme. „Es gibt immer mehr Bauern, die wegen Wolfsrissen aufgeben müssen, denn das Problem ändert sich ja nicht.“ Denn in der Realität werde die Entnahme von Wölfen nicht erlaubt. Deshalb gehe es den Wölfen bestens, vielen Bauern aber eben nicht. „Den Wölfen geht es hier so gut, dass sie wohl bald hungern müssen, weil es so viele sind, dass sie nicht mehr genügend Futter finden.“

Axel Kruschat vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sagte hingegen der Berliner Zeitung: „Die Debatte über den Abschuss hilft niemandem. Sie wird nicht dazu führen, dass es einen Riss weniger gibt.“ Es sei auch wildbiologisch nicht sinnvoll, nun recht wahllos Wölfe zu schießen.

Seine Begründung: Früher gab es eine strenge Einzelfallprüfung. Die Behörden mussten quasi den Einzeltäter, den „Problem-Wolf“ identifizieren. „Doch die letzte Merkel-Regierung wollte den Wolfabschuss auf Teufel komm raus erleichtern“, sagte er. Deshalb gibt es nun eine bundesweite Regelung im Naturschutzgesetz, an die sich auch Brandenburg halten müsse. Dabei wird nun nicht der Einzeltäter gesucht, sondern geschaut, ob in einer bestimmten Region zu viele Nutztiere von Wölfen gerissen werden. „Ist das der Fall, darf geschossen werden“, sagte er.

Doch das sei falsch. Denn es könnte die falschen Wölfe treffen, jene, die eigentlich gar kein Problem sind. Durch den Abschuss könne es dazu kommen, dass die Jagdstruktur der jeweiligen Rudel gestört wird. „Dann kann es passieren, dass die Rudel nicht mehr gemeinsam die viel schwerer zu erlegenden Wildtiere jagen, sondern sich leichtere Beute suchen und dann erst zu den Schafen auf der Weide gehen.“

Die Weidetiere können nur effektiv mit guten Zäunen und Herdenschutzhunden geschützt werden. „Und die Weidetierhalter und auch die Hobbyhalter benötigen die finanzielle Unterstützung, um die Zäune und den Strom dafür, aber auch die Hunde und deren Futter bezahlen können. Selbst wenn es mehr Abschüsse geben sollte, müssen doch trotzdem überall Zäune gebaut werden“, so Kruschat. Dann doch lieber gleich einen flächendeckenden Schutz durch Zäune.

Im Ministerium heißt es, dass in einigen Gebieten die Umsetzung optimaler Schutzmaßnahmen nicht flächendeckend realisierbar sei und Wölfe hier mitunter lernten auch den empfohlenen Schutz zu überwinden. Der Grund ist, dass die Weiden oft sehr groß seien, die kilometerlangen Zäune sehr teuer. Sie müssten auch ständig kontrolliert werden, denn es könnte ein Baum oder Ast sie zerstören.

Das Ministerium stellt klar: „Der Schwerpunkt des Wolfsmanagements liegt weiterhin in der Prävention. So werden Schutzmaßnahmen für Weidetiere durch Zäune und Herdenschutzhunde bis zu 100 Prozent gefördert.“