Mal stehen sie mitten auf dem Bürgersteig, mal versperren sie an Bushaltestellen oder Zebrastreifen den Weg. Falsch abgestellte elektrische Tretroller sind ein Ärgernis – nicht nur für Blinde und Sehbehinderte, sondern für alle, die sich in Berlin zu Fuß fortbewegen wollen. Die Senatsverwaltung für Mobilität spricht mit den Vermietern darüber, wie sich die Situation bessern könnte. Jetzt zeichnen sich erste Ergebnisse ab – unter anderem zu der Frage, wie schnell die Anbieter falsch geparkte E-Scooter aus dem Weg räumen sollen. Gesprochen wird auch über andere Probleme. Denn die Zeit drängt: Ab dem Spätsommer soll dieser Bereich der Berliner Mobilität neu geregelt werden.
Es ist eine Debatte, die nicht nur Fußgänger umtreibt. Allein in Berlin sind mehr als 1,2 Millionen Autos zugelassen, Tendenz steigend. Auch viele Kraftfahrzeuge werden falsch geparkt. Dagegen ist die Zahl der E-Scooter, die in Berlin auf Straßen und Plätzen zur Miete angeboten werden, überschaubar. Von einer niedrigen fünfstelligen Zahl ist die Rede. Trotzdem sieht es manchmal so aus, als ob die Elektrofahrzeuge stärker im Fokus der Öffentlichkeit stünden als die zahlreicheren Autos. Die Fußgängerlobby, Blinden- und Seniorenverbände trommeln gegen die E-Tretroller.
Nicht nur in der Innenstadt, auch in den Außenbezirken
Die Vermieter wissen, dass sie guten Willen demonstrieren müssen – den Willen, die Situation auf den Gehwegen zu verbessern. Auch wenn meist nicht sie, sondern Fahrzeugmieter schuld daran sind, wenn die Zweiräder Hindernisse darstellen. „Wir begrüßen es, dass die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Schritte eingeleitet hat, den Markt stärker zu regulieren“, sagte Neele Reimann-Philipp vom E-Scooter-Anbieter Voi. „Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum lassen sich einfacher beheben, Sicherheitsaspekte besser adressieren.“
Seit einigen Monaten diskutieren Behörden- und Firmenleute in Workshops mit der Verwaltung von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) über Regeln, die künftig gelten sollen. Ein Anlass ist die Änderung des Berliner Straßengesetzes, die vorsieht, dass die Aufstellung von Mietfahrzeugen künftig als genehmigungspflichtige Sondernutzung gilt. Drei große Arbeitstreffen gab es bislang.
Bei der jüngsten Zusammenkunft wurde unter anderem debattiert, innerhalb welcher Zeiträume die Unternehmen auf Beschwerden reagieren und falsch abgestellte Fahrzeuge wegräumen müssen. Hier haben sich die Positionen inzwischen angenähert, wie Florian Anders vom E-Scooter-Anbieter Tier jetzt berichtete. „Am Tag zwischen 6 und 20 Uhr gilt eine Reaktionszeit von sechs Stunden und in der Nacht ab 20 Uhr eine Frist bis 12 Uhr am Folgetag“, sagte Anders der Berliner Zeitung.
Bei den Arbeitstreffen mit dem Senat geht es auch darum, ganz Berlin mit dieser Form der Elektromobilität zu versorgen. Politiker verlangen, dass E-Scooter nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in Außenbezirken angeboten werden. Hier zeichnet sich ab, dass Vermieter ihre Fahrzeuge in einem Gebiet von mindestens hundert Quadratkilometer Größe aufstellen sollen, berichtete Florian Anders. Die Firma Tier, für die er spricht, hat ein Geschäftsgebiet von 190 Quadratkilometern.
Neues Verkehrskonzept für Berlin soll im April fertig sein
Zuletzt wurde diskutiert, 25 Prozent der Fahrzeuge außerhalb des S-Bahn-Rings anzubieten, sagte Neele Reimann-Philipp von Voi. „Das ist ein Vorschlag, der von den Anbietern kam. Aus unserer Sicht wäre sogar eine höhere Quote möglich“, gab sie zu bedenken. „Anfang Dezember standen fast 40 Prozent der E-Scooter von Voi in Berlin außerhalb des S-Bahn-Rings. Spandau ist ein Außenbezirk, in dem wir stark vertreten sind.“ Zudem stehen elektrische Tretroller von Voi in Marzahn-Hellersdorf und Buch an Stationen von Jelbi, dem Mobilitätsanbieter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG).
Ein weiteres Thema, bei dem sich eine Einigung abzeichnet: Absehbar ist auch, dass Logistikfahrzeuge der Anbieter von 2025 emissionsfrei betrieben werden müssen. Bisher werden die E-Scooter nicht selten mit alten Diesel-Vans zu ihren Einsatzorten gebracht. Das soll mittelfristig aufhören, so der Senat. Noch gesprochen wird darüber, auf welcher Breite die Vermieter die Gehwege freihalten sollen, wenn sie Fahrzeuge aufstellen. Zuletzt war von 2,30 Metern die Rede. „Aber das ist noch nicht final“, hieß es.
„Das Verkehrskonzept wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2022 fertiggestellt sein“, sagte Constanze Siedenburg, Sprecherin der Senatsverwaltung. Intern ist von Ende April die Rede. Klar ist, ab wann gewerbliche Fahrzeugvermietungen auf Straßen und Plätzen als Sondernutzung gelten. Im Gesetz ist vom 1. September 2022 die Rede. Gut möglich, dass die Anforderungen schrittweise eingeführt werden, war zu hören. Ein Jahr lang sollen für die Unternehmen „erleichterte Bedingungen“ gelten, hieß es im Senat.
Wie berichtet, werden für die Sondernutzung des öffentlichen Straßenlands Gebühren fällig. Nach dem jetzigen Stand sollen Verbände in diesem Bereich im Mai angehört werden. Vom 1. Januar 2023 sollen die Entgelte dann kassiert werden, hieß es.
„Es gibt keinen klaren Fahrplan“
„Natürlich stellen Gebühren eine Belastung dar, aber wir sind bereit, sie zu tragen“, sagte Neele Reimann-Philipp von Voi. „Wir können mit dem Vorschlag der Senatsverwaltung leben. Und wir finden es gut, dass in Berlin nach Innenstadt und Außenbezirken differenziert werden soll.“ Dem gültigen Vorschlag des Senat zufolge sollen für einen E-Scooter in der Innenstadt 42 Euro, außerhalb des S-Bahn-Rings 18 Euro berechnet werden. „Für uns ist wichtig, dass die Mittel zweckgebunden sind und dem Ausbau unserer Infrastruktur zugutekommen“, so die Voi-Managerin.
Konkret geht es den Anbietern vor allem darum, dass die Bezirksämter Plätze zur Verfügung stellen, auf denen die E-Scooter geparkt werden können, ohne dass Fußgänger gestört werden. „Die Schaffung von Stellplätzen für E-Scooter und andere Fahrzeuge ist ein wichtiges Instrument. In Berlin läuft das in einigen Bezirken besser als in anderen, und in der Tat sind schon einige Autostellplätze umgewidmet worden“, sagte Reimann-Philipp. Doch die Zahl ist sehr gering, knapp zweistellig, hieß es in der Branche. „Für ganz Berlin reichen sie bei weitem nicht aus. Wir merken, dass die Initiativen da sind und der Wille besteht, aber dass es bei der Umsetzung hapert. Es gibt keinen klaren Fahrplan.“
Gut möglich, dass sich dieser Bereich der Mobilität weiter wandelt, sagte Reimann-Philipp. Die jetzige Konkurrenzsituation führen dazu, dass zu viele Fahrzeuge auf die Straßen gestellt werden – mehr, als Berlin tatsächlich benötigt. „Den optimalen Betrieb und die optimale Auslastung bekommen wir besser hin, wenn es geregelte Marktanteile gibt. So können wir wirtschaftlicher arbeiten“, so die Voi-Managerin. Die Novellierung des Straßengesetzes ermögliche Ausschreibungen. „Ein großer Vorteil wäre, dass der Wettbewerbsdruck sinken würde. Städte könnten mit zusammengenommen kleineren Flotten als heute eine genauso hohe oder höhere Auslastung erzielen.“





