Mobilität

Marggraffbrücke: Neue Tramlinie nach Schöneweide nun doch möglich

Zuletzt sah es so aus, als ob nach dem Neubau der Marggraffbrücke in Baumschulenweg Platz für eine Straßenbahnstrecke fehlen würde. Jetzt gibt es eine Lösung.

Ein wichtiger Teil des Straßennetzes im Südosten von Berlin. Die Marggraffbrücke führt die Köpenicker Landstraße über den Britzer Verbindungskanal nach Niederschöneweide.
Ein wichtiger Teil des Straßennetzes im Südosten von Berlin. Die Marggraffbrücke führt die Köpenicker Landstraße über den Britzer Verbindungskanal nach Niederschöneweide.Wasserstraßen-Neubauamt Berlin

Berlin - Nach einem peinlichen Versäumnis der Verwaltung zeichnet sich ein Happy End ab. Über den geplanten Neubau der Marggraffbrücke im Treptow-Köpenicker Ortsteil Baumschulenweg könnte nun doch eine Straßenbahnstrecke geführt werden. Das sagte Jan Thomsen, Sprecher von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), am Montag.

Zuletzt sah es sah aus, als ob sich der Senat seine Planung an dieser Stelle selbst verbaut hätte. Es hieß, dass es auf der künftigen Querung des Britzer Verbindungskanals keinen Platz für die im Nahverkehrsplan vorgesehene Strecke nach Schöneweide gebe. Doch nun haben sich die Berliner Senatsverwaltung und das Wasserstraßen-Neubauamt des Bundes, das für das 16 Millionen Euro teure Brückenbauprojekt im Verlauf der Köpenicker Landstraße verantwortlich ist, zusammengesetzt – und nachgedacht.

Parken statt fahren auf der Köpenicker Landstraße

„Die Beratungen haben ergeben, dass eine Trassenführung über die Marggraffbrücke mit wenig zusätzlichem Aufwand möglich wäre“, so Thomsen am Montag. „Das Belastungsmodell der geplanten Brücke reicht hierfür aus, voraussichtlich sind nur einige Ertüchtigungen nötig.“ Ein Kfz-Streifen pro Richtung würde in diesem Fall für Straßenbahngleise entfallen. Es verbleiben aber noch jeweils zwei Kfz-Spuren, sodass auch dies kein Hindernis darstellen würde – insbesondere dann nicht, wenn das zusätzliche Tram-Angebot den Autoverkehr reduzieren hilft, sagte der Sprecher.

Auf Abschnitten der Köpenicker Landstraße, die Teil der Bundesstraße 96a ist, beschränkt sich der Verkehr schon jetzt auf zwei Fahrstreifen pro Richtung. Rechts daneben wird geparkt.

„Wir haben unverzüglich Gespräche mit dem Bund aufgenommen. Mit positivem Ergebnis: Auch über die neue Marggraffbrücke kann eine Straßenbahn führen“, bekräftigte Senatorin Jarasch. „Ob das so sein wird, hängt von der Entscheidung ab, welche Trassenführung die beste ist für die Verbindung vom Potsdamer Platz nach Schöneweide. Die entsprechenden Untersuchungen zur Strecke werden wir im vorgesehenen Zeitrahmen durchführen. Es bleibt bei der geplanten Realisierung der Strecke bis zum Jahr 2035.“

Abgeordnete rief zur Demonstration auf

Wie berichtet wird die Spannbetonbrücke, die von 1963 bis 1965 entstand und ein Bauwerk von 1930 ersetzte, ihre Aufgabe nicht mehr lange wahrnehmen können. Bei Bauwerksprüfungen wurden Risse und Schäden an den Betonwiderlagern festgestellt, hieß es. Der Unterbau sei massiv geschädigt. Eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion, auch als Betonkrebs bekannt, lässt den Beton bröseln. Weitere chemische Reaktionen haben einen ähnlichen Effekt – der Fachbegriff lautet Ettringittreiben. Spannungsrisskorrosion schädigt die Spannstähle, die im Innern der Brücke für Stabilität sorgen.

2015 begann das Wasserstraßen-Neubauamt des Bundes mit den Planungen für den Ersatzneubau der Marggraffbrücke, deutlich vor dem Berliner Nahverkehrsplan von 2019 und daher bislang ohne Straßenbahnvorsorge, wie der Senat betonte. „Bis 2016 war vom Land Berlin hier keine Straßenbahn geplant“, so Thomsen. Stattdessen bestellte der Senat eine Verlängerung der Linksabbiegespur zur Minna-Todenhagen-Straße. Dadurch wird es an der neuen Kanalquerung nicht mehr möglich sein, zwischen den beiden Überbauten für den Straßenverkehr wieder einen dritten Überbau für die Straßenbahn einzupassen. Bis 1973 waren dort Bahnen nach Treptow und Schöneweide gefahren.

Nachdem der Nahverkehrsplan 2019 festgelegt hatte, dass dort die projektierte Straßenbahnverbindung vom Potsdamer Platz nach Schöneweide verlaufen sollte, wandte sich das Land nicht erneut an den Bund. Erst nach einem Bericht der Berliner Zeitung wurde klar, dass sich die Planungen für den Brückenbau und die Tramnetzerweiterungen widersprechen. Dem Nahverkehrsexperten Christian Linow und dem Fahrgastverband Igeb fiel dies auf – und eine Diskussion kam ins Rollen, die am Sonntag mit einer von der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg organisierten Demonstration einen Höhepunkt erlebte. Nun scheint eine Lösung absehbar zu sein.