Klimapolitik

So bereitet sich die Letzte Generation auf den „Wendepunkt Herbst“ in Berlin vor

Die Letzte Generation strebt im September soziale Kipppunkte durch einen starken Zuwachs bei Blockaden in Berlin an. Wie gehen die Aktivisten vor?

Zurzeit nehmen die Klimaaktivisten der Letzten Generation vor allem die bayerischen Straßen ins Visier, so wie hier am 24. August in München.
Zurzeit nehmen die Klimaaktivisten der Letzten Generation vor allem die bayerischen Straßen ins Visier, so wie hier am 24. August in München.ZUMA Wire/imago

Die Letzte Generation sitzt zurzeit noch in Bayern auf der Straße, hat auf der Gamescom mit Farbprotesten für Unruhe gesorgt und am Wochenende einen Preis für Zivilcourage über 5000 Euro von der Solbach-Freise-Stiftung erhalten. In Werder (Havel) hat die Gruppe eine Bootsmesse gestört. Im Hintergrund bereiten sich viele Mitglieder aber bereits auf erneute Proteste in Berlin vor. Für den 13. September ruft die Gruppe hierfür zum „Wendepunkt Herbst“ auf.

Über 270 Menschen haben sich bereits auf der Website für die Aktionen angemeldet, die an diesem Tag starten sollen. Zum Vergleich: Im Frühjahr 2023 sollen zum Auftakt im April etwa 160 Mitglieder in Berlin protestiert haben. Wendepunkt bedeutet, dass die Letzte Generation im September 2023 ein exponentielles Wachstum an Mitgliedern anstrebt: einen sozialen Wendepunkt.

Sprecherin Carla Hinrichs fordert bei einem Infocall dazu auf, jetzt „alles reinzugeben“. Konkret sollen die Aktivisten interessierte Menschen anrufen und dazu auffordern, beim Protest in Berlin dabei zu sein. Auch Unterkünfte in der Hauptstadt für die Aktivisten anzubieten, sei ein wichtiger Beitrag.

Es gibt dazu eine Software, die die Kontaktaufnahme erleichtern soll: Nach der Anmeldung erhält man dadurch eine Telefonnummer, die nach einem der Vorträge oder Treffen der Letzten Generation in eine Liste eingetragen wurde. Gesprächsleitfäden und Vorlagen für Textnachrichten sollen die Hürde senken, neue Mitglieder anzusprechen. „Es wirkt banal, aber ist entscheidend“, sagt Timm, der im Infocall erklärt, wie das funktioniert. Er selbst würde jetzt nicht hier sitzen, sagt er, wenn er nicht angerufen worden wäre.

Carla Hinrichs: „Wir müssen alles reingeben“

Carla Hinrichs sagt im Call, dass es „soziale Kipppunkte“ in verschiedenen Bewegungen punktuell gegeben habe, aber nicht zufällig. Es sei harte Arbeit der Bewegungen im Hintergrund, um diese Kipppunkte anzustoßen. „Wir hatten solche Kipppunkte schon“, sagt sie und nennt die hohen Spenden nach den Hausdurchsuchungen und auch Zulauf nach den Inhaftierungen in Bayern im vergangenen Jahr. Ungeachtet dessen, dass die Ursache damals Repressionen von außen waren, sagt sie: „Wir müssen immer wieder alles reingeben, um solche Momente zu kreieren.“

Umfragen zeigen, dass die Bevölkerung die Protestaktionen mehrheitlich ablehnt. Vergangenen November sprachen sich 80 Prozent, im Juli 2023 sogar 85 Prozent der Befragten gegen die Aktionen der Letzten Generation aus. Die Gruppe bietet auch deshalb immer wieder Treffen und eine Telefonnummer für emotionale Unterstützung an. Denn wer auf so viel Gegenwind stößt, zweifelt möglicherweise auch daran.

Der Spiegel titelte zuletzt, dass der Standort Bayern nicht zufällig gewählt sei: „Repression bringt Aufmerksamkeit.“ Auffallen, das tut die Letzte Generation also schon, als nächste Aufgabe sieht sie nun offenbar an, die Massen zu mobilisieren.

Die staatlichen Repressionen und eine Mobilisierung zusammen sollen im Herbst nun den Ausschlag geben: Die Polizei hat am Dienstagmorgen drei Aktivisten in München in Gewahrsam genommen, angeordnet ist dieser laut Medienberichten bis zum 12. September – ein Richter muss die Maßnahme allerdings noch prüfen. Ein Tag später soll in Berlin protestiert werden.