Landgericht Cottbus

Vater soll fünfjährige Tochter mit USB-Kabel erdrosselt haben – war es Mord?

Das Landgericht Cottbus hatte den Kindesvater nur wegen Totschlags verurteilt. Dagegen ging die Mutter vor – der BGH gab ihr recht. Nun wird neu verhandelt.

Michael Q. im ersten Prozess, da war der Kindesvater 49 Jahre alt.
Michael Q. im ersten Prozess, da war der Kindesvater 49 Jahre alt.

Die kleine Emma war ein Wunschkind, ein fröhliches Mädchen von fünf Jahren, das mit seiner zwei Jahre älteren Schwester „supergerne gespielt“ hat. So erinnerte sich Emmas Mutter im Oktober 2021 vor Gericht. Da war das Mädchen bereits mehr als sechs Monate tot. Erdrosselt mit einem USB-Kabel. Mutmaßlich von ihrem eigenen Vater.

An diesem Freitag beginnt vor dem Landgericht Cottbus der zweite Prozess gegen Michael Q., den Vater des Mädchens. In einem ersten Verfahren war der Mann im Dezember 2021 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Gericht hatte damals bei der Urteilsfindung keine Mordmerkmale gesehen.

Gegen diese Entscheidung war Emmas Mutter als Nebenklägerin in Revision gegangen. Sie hatte im Prozess eine Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Mordes gefordert. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Revision statt, hob das Urteil im Januar dieses Jahres auf und verwies den Fall an eine andere Schwurgerichtskammer des Cottbuser Landgerichts zurück. Begründung: Die Nebenklägerin habe zu Recht beanstandet, dass die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe nicht ausreichend geprüft worden seien.

Emmas Mutter hatte bereits ein Kind aus einer früheren Beziehung, als sie im Februar 2015 Michael Q. heiratete. Im Dezember des Jahres kam Emma zur Welt. Die Familie zog in ein Einfamilienhaus in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster). Vier Jahre nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter trennte sich die Frau von Michael Q. Er sei zu einem Kontrollfreak geworden, erinnerte sich seine Ex-Frau. Mit den Kindern zog sie zu ihrer Mutter. Jedes zweite Wochenende durfte Emmas Vater seine Tochter sehen. So war es im Trennungsjahr geregelt.

Ich wünsche Dir noch ein schönes Leben.

Michael Q. in einer Nachricht an seine Ex-Frau

Der 18. April 2021 war ein Sonntag. An jenem Tag wollte Emmas Mutter ihre Tochter bei ihrem Ex-Mann abholen. Im Haus sei es dunkel gewesen. Michael Q. habe auch nicht auf ihr Klingeln oder Anrufe reagiert, hatte die gelernte Zahnarzthelferin im ersten Verfahren ausgesagt. Sie habe sich zu der Zeit noch keine Gedanken über die WhatsApp-Nachricht gemacht, die ihr ihr Ex-Mann kurz zuvor geschickt und in der er sinngemäß geschrieben hatte: „Ich wünsche Dir noch ein schönes Leben“.

Weil Emma noch nicht tot war, soll Michael Q. ein USB-Kabel geholt haben

Emmas Mutter hatte nach langem Herumtelefonieren schließlich durch das Fenster des Badezimmers geschaut und in der Badewanne den Hinterkopf von Michael Q. gesehen. Ein Bekannter warf das Fenster der Terrassentür ein. Emma lag im Kinderzimmer. Das Kind war tot. Michael Q. hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten. Er konnte gerettet werden.

In der Entscheidung der obersten deutschen Strafrichter, das Urteil aufzuheben, steht, was das Landgericht Cottbus festgestellt hatte. Demnach hatte Michael Q. am Tattag gegen 17 Uhr im Badezimmer den Kopf seiner Tochter in Tötungsabsicht in die volle Badewanne gedrückt. So sei Wasser in die Luftröhre und Lunge der Fünfjährigen gelangt, Emma habe das Bewusstsein verloren. In der Annahme, das Kind sei tot, habe Michael Q. es in ein anderes Zimmer getragen und aufs Bett gelegt.

Doch Emma war nicht tot. Das Mädchen erbrach sich. Deswegen soll Michael Q. ein USB-Kabel geholt, es seiner Tochter zweimal um den Hals gewickelt und sie erdrosselt haben. Anschließend versuchte er, sich das Leben zu nehmen. Michael Q. hatte im Prozess angegeben, sich an den Tatablauf nicht erinnern zu können.

Das Landgericht Cottbus war bei seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft und auch der Verteidigung auf eine Verurteilung wegen Totschlags gefolgt und hatte die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe verneint. Das halte einer rechtlichen Prüfung jedoch nicht stand, entschieden die Richter des BGH.

Auch Michael Q. war gegen das erstinstanzliche Urteil vorgegangen. Seine Revision verwarfen die BGH-Richter jedoch. Der Mann, der zur Tatzeit weder unter dem Einfluss von Alkohol noch Drogen gestanden haben soll, muss im neuen Prozess mit einer Verurteilung wegen Mordes und einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Ein Urteil der 2. Großen Strafkammer des Cottbuser Landgerichts könnte im August dieses Jahres gesprochen werden.