Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine richtungsweisende Entscheidung hinsichtlich DDR-Altmietverträge und Eigenbedarfskündigungen bekannt gegeben. Der Vermieter kann gegen den Mieter kündigen, wenn der Bedarf gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch nachgewiesen wird.
Am 13. November 2024 urteilte der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zur Kündigung eines DDR-Altmietvertrags aufgrund von Eigenbedarf. Das teilte der BGH am Montag in einer Pressemitteilung mit. Die Entscheidung war nötig, da ein Streitfall zu einem Mietvertrag aus Ost-Berlin vorlag, der unter den Regeln des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik (ZGB-DDR) geschlossen wurde.
Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Die Beklagten bewohnten seit Juli 1990 eine Dreizimmerwohnung in Ost-Berlin, basierend auf einem Formularmietvertrag mit dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Kommunale Wohnungsverwaltung Prenzlauer Berg. Der Vertrag, auf unbestimmte Zeit geschlossen, folgte den damals geltenden Regelungen des ZGB-DDR. Diese sahen vor, dass eine Beendigung der Mietverhältnisse durch Vereinbarung, Kündigung oder gerichtliche Aufhebung möglich sei. Im Jahr 2020 und erneut 2022 erklärte der Kläger, der durch Eigentumserwerb Vermieter geworden war, die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs.
Erster Ansatzpunkt im Prozess war die Räumungsklage des Vermieters, der auf der Grundlage des Eigenbedarfs kündigte. Das Amtsgericht gab der Klage statt, wohingegen das Landgericht Berlin auf Berufung der Mieter die Klage abwies. Begründet wurde dies durch die Berufung auf die DDR-spezifischen Vorschriften, die eine Eigenbedarfskündigung nur bei gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen erlaubten.
Mit der zugelassenen Revision strebte der Vermieter die Wiederherstellung des Urteils der ersten Instanz an. Der Bundesgerichtshof hob schließlich das Urteil des Landgerichts auf. Jedoch wurde das Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurück an das Berufungsgericht verwiesen. Hier soll geprüft werden, ob der klägerische Eigenbedarf tatsächlich besteht. Diese Vorschrift sieht vor, dass ein berechtigtes Interesse des Vermieters vorliegt, wenn die Räume für den eigenen Bedarf oder den seiner Familienangehörigen und Haushaltsmitglieder benötigt werden.
Die Entscheidung hebt hervor, dass eine Eigenbedarfskündigung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erfolgen kann, auch wenn der Vertrag ursprünglich dem ZGB-DDR unterlag. Der Gesetzgeber hat dies durch spezielle Schutzvorschriften im Zuge des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik modifiziert. Demnach gilt, dass der bundesdeutsche Gesetzgeber abschließend die Kündigungsmöglichkeiten regelt, auch im Kontext von DDR-Altverträgen. Der BGH schreibt in seiner Begründung: „Der (bundesdeutsche) Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Beitritts für das Gebiet der DDR die Befugnis des Vermieters zur Beendigung eines bestehenden Wohnraummietvertrags gegen den Willen des Mieters durch die spezielle gesetzliche Vorschrift in Art. 232 § 2 EGBGB und die darin angeordnete Geltung der (mietrechtlichen) Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs – für eine Übergangszeit modifiziert durch besondere, auf einer umfassenden Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter beruhende Schutzvorschriften – vollständig und abschließend geregelt. Mit dieser Regelungssystematik sowie mit dem sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Sinn und Zweck der gesetzlichen (Übergangs-) Bestimmungen wäre es nicht vereinbar, wäre gleich- oder sogar vorrangig zu diesen eine aus der Zeit vor dem Beitritt stammende, in einem DDR-Altmietvertrag enthaltene Regelung der Parteien zur Beendigungsbefugnis des Vermieters maßgeblich, welche – wie im Streitfall – demgegenüber auf die frühere Rechtslage abstellt.“
Die vom Berufungsgericht genutzte Argumentation, die vom Vermieter angeführte Gründe nicht als „dringend“ im gesellschaftlichen Sinne zu bewerten, wurde somit verworfen. Dies macht deutlich, dass der geltende rechtliche Rahmen den Vertragsbedingungen von DDR-Mietverträgen übergeordnet ist, insbesondere bei einer Eigenbedarfskündigung.


