Ein Drittel der Berliner Haushalte kann sich die von Eigentümern geforderte Miete nicht leisten. Das ergab eine am Dienstag vorgestellte Studie des Berliner Mietervereins „Mietbelastung in Berlin: Welche Miete können sich Berliner Haushalte leisten?“. Demnach können sich diese Haushalte nicht aus eigener Kraft versorgen, sind auf staatliche Zuschüsse angewiesen und zahlen durchschnittlich 45 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete, so das Ergebnis der Studie. Besonders betroffen sind demnach kleine und große Haushalte.
Für den Berliner Mieterverein hat die Stadtforschungsfirma Asum die Daten aus dem Mikrozensus 2022 ausgewertet. Die Misere auf dem Berliner Wohnungsmarkt war für den Mieterverein ausschlaggebend, die Studie in Auftrag zu geben; mittlerweile liegt die Nettokaltmiete pro Quadratmeter bei Neuvermietungen durchschnittlich bei 13,60 Euro. Es würden zu wenig bezahlbare Wohnungen gebaut werden, außerdem sei die für Vermieter lukrative Kurzzeitvermietung Alltag. Der Berliner Mieterverein wollte genau wissen, wie viel Berliner verdienen und was sie sich an Miete leisten können.
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Kleine und große Haushalte können sich die Mieten nicht leisten
Die zentralen Ergebnisse sind alarmierend, die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins Ulrike Hamann-Onnertz sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Mieterhaushalte wurden sehr genau untersucht. Zur Gruppe derjenigen, die sich die Miete nicht leisten können, gehören vor allem kleine Haushalte, allen voran die Einpersonenhaushalte, sowie große Haushalte mit vier und mehr Personen. Diese Haushalte zahlen durchschnittlich 45 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete. Viel zu viel.
Konkret verstecken sich hinter dem „armen Drittel“, welches sich die Miete nicht aus eigener Kraft leisten kann 330.000 Mieterhaushalte, davon 205.000 Einpersonenhaushalte aber auch 44.000 Haushalte mit mehr als vier Personen. Insgesamt geht die Studie von 1,5 Millionen Mieterhaushalten in Berlin aus.
Auch die Landesvorsitzende der Grünen Nina Stahr sieht Handlungsbedarf und fordert einen besseren Schutz der Mieter durch die Koalition. „Die Miete frisst bei immer mehr Menschen einen Großteil ihres Einkommens auf und führt dazu, dass die Lebenssituation in Berlin für viele Menschen immer prekärer wird. Hinter diesen Zahlen stecken Menschen, die ihre Wohnung und ihren Kiez verlassen müssen oder Familien, in denen kaum noch Geld für Bildung und Freizeitmöglichkeiten oder ein warmes Essen da ist.“, so Stahr.
Eine weitere wesentliche Erkenntnis aus der Studie ist, dass die Ausweitung der WBS-Berechtigung im vergangenen Jahr vor allem Haushalten mit mittlerer Größe und mittlerem Einkommen hilft. Gleichzeitig verschärfe die Ausweitung der WBS-Berechtigten die Wohnungsknappheit für alle WBS-berechtigten Haushalte und fördere die Konkurrenz um die Ressource Wohnung. Es gibt mehr Berechtigte, aber nicht mehr Wohnungen, so die knappe Zusammenfassung des Mietervereins. Die Wohnungsknappheit in diesem Bereich ist hoch, die Suche nach einer WBS-Wohnung zeitintensiv und oft ergebnislos. Auch der Neubau geförderter Wohnungen in diesem Bereich gehe am Bedarf vorbei. Nur die besser verdienenden WBS-Mieter können sich die verhältnismäßig hohen Mieten leisten. Die anfängliche Miethöhe in einem geförderten Wohnungsneubau beträgt 11,50 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter - für eine Sozialwohnung.
Den großen Hebel, die desolate Lage auf dem Wohnungsmarkt für einen Großteil der Bevölkerung zu verbessern, sieht der Berliner Mieterverein vor allem darin, geringe Mieten im Bestand zu sichern.
Mit der jetzigen Situation, die eine Konkurrenz um bezahlbare Wohnungen schürt, steuern wir mehr und mehr auf die soziale Spaltung und soziale Verwerfungen hin.
„Der Neubau von geförderten Wohnungen wird keine spürbaren Auswirkungen auf das Wohnungsangebot haben“, so die Prognose von Hamann-Onnertz, „die Einstiegsmieten dort sind viel zu hoch“, sagt die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins. „Die Erweiterung der WBS-Berechtigten fördert Konkurrenz, da es zu wenig Wohnungen gibt.“, so ihre Mahnung.
Michael Häfelinger von Asum war bei der Vorstellung der Studie am Dienstag dabei und ergänzt konkrete Zahlen. In Berlin gibt es 1,5 Millionen Mieterhaushalte, davon haben 933.000 ein Einkommen, das innerhalb der Berliner WBS-Stufen liegt. Zu den rund 700.000 Berliner mit dem „alten“ WBS-Schein, kommen mit den Wohnungsbauförderbestimmungen (WFB 2023) noch einmal 235.000 Haushalte dazu gekommen.
Besserverdienende haben eine geringere Mietbelastung
Weiterhin zeigt die Studie, dass Besserverdienende in größeren Wohnungen leben, dennoch aber eine geringere Mietbelastung haben, während Geringverdiener in zu kleinen Wohnungen leben und dennoch eine enorme Mietbelastung von durchschnittlich 45 Prozent ihres Haushaltseinkommens haben. Das heißt, dass sie fast die Hälfte ihres Einkommens für ihre Wohnung und die damit verbunden Kosten wie Strom ausgeben.
Begründet wurde die Erweiterung der WBS-Grenzen damit, dass bestimmte Berufsgruppen in ihrer Wohnsituation unterstützt werden sollen. Polizisten und Krankenhauspersonal muss innerstädtisch wohnen, kann sich aber oft die hohen Mieten nicht leisten. Die Studie stellt nun fest, dass diese Berufsgruppen durch die Erweiterung der WBS-Grenzen nicht erreicht werden. Ihr Gehalt liegt weiterhin so hoch, dass sie meist kein Anrecht auf einen WBS haben. Die hohen Mieten werden sie sich aber weiterhin nicht leisten können. Alleinerziehende oder auch Renter waren auch vorher schon WBS-berechtigt. Mit der Erweiterung der Grenzen werden Berliner mit mittleren Einkommen und mittleren Haushaltsgrößen erreicht.


