Landgericht

Augen ausgestochen und Blut getrunken: Mordprozess in Berlin

Veronika B. wird beschuldigt, eine Mitpatientin im Krankenhaus getötet zu haben. Die Angeklagte spricht vor Gericht von Notwehr.

Veronika B. wird beschuldigt, ihre Mitpatientin ermordet zu haben. Sie beruft sich auf Notwehr.
Veronika B. wird beschuldigt, ihre Mitpatientin ermordet zu haben. Sie beruft sich auf Notwehr.Olaf Wagner

Wie kam die Beschuldigte an das Messer, mit dem sie eine Mitpatientin in der Psychiatrie tötete? Das ist eine der zentralen Fragen an diesem Donnerstag im Verfahren vor der 30. Großen Strafkammer. Und sie führt bei den Zeugen, es sind am ersten Verhandlungstag Pflegekräfte und Ärztinnen, immer wieder zu Schulterzucken.

Auf der Anklagebank sitzt Veronika B., eine untersetzte Frau mit langen blonden Haaren, die vom Vorsitzenden Richter immer wieder aufgefordert werden muss, nicht dazwischenzusprechen. Die Staatsanwältin ist überzeugt, dass die 38-Jährige im Zustand der aufgehobenen Schuldfähigkeit heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen einen Menschen getötet hat. Sie strebt mit ihrer Antragsschrift die dauerhafte Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

„Mit großer Wucht in Richtung des Halses, des Kinns und der Augen gestochen“

Das Verbrechen erregte im Sommer vorigen Jahres Aufsehen. Veronika B. soll in der Nacht zum 11. August in der psychiatrischen Abteilung des Vivantes-Klinikums Neukölln zwischen 3 Uhr und 3.30 Uhr in das Zimmer von Heike H. gegangen sein und mit einem Messer 15 Mal „mit großer Wucht in Richtung des Halses, des Kinns und der Augen“ der Mitpatientin gestochen haben. Bei der Tat soll die Beschuldigte beide Drosselvenen des Halses verletzt haben, sodass die 58-jährige Patientin aufgrund des großen Blutverlusts starb.

Die Beschuldigte habe die Tat begangen, um anschließend das Blut der Frau zu trinken und sich mit der Tat in den sozialen Medien zu profilieren, heißt es in der Antragsschrift. Veronika B. soll zum Tatzeitpunkt unter einer Schizophrenie gelitten haben.

Veronika B. sitzt seit der tödlichen Messerattacke im Maßregelvollzug, einer Klinik für psychisch kranke Straftäter. Vor Gericht gibt sie die vorgeworfene Tat unumwunden zu. Dem psychiatrischen Gutachter hatte sie erzählt, sie habe ihre Mitpatientin nicht für einen Menschen, sondern für einen Klon gehalten.

Gerichtsprozess: Beschuldigte beruft sich auf Notwehr

Im Prozess spricht die Beschuldigte von Notwehr. Heike H. sei es gewesen, die sie auf dem Flur der Station mit einem Messer angegriffen habe, behauptet Veronika B.. Sie habe der Frau die Waffe entrissen, sie in ihr Zimmer zurückgeschubst. Dort sei sie ausgerastet. Die Beschuldigte spricht von einer Maschine, die sie im Kopf von Heike H. vermutet habe. Von Chips hinter den Augen. Gefilmt habe sie die Tat, weil sie der Maschine habe auf den Grund gehen wollen. Was das Blut betrifft, habe sie nur schauen wollen, ob es echtes Blut gewesen sei.

Mutmaßliches Tatmesser im Hosenbund der Beschuldigten entdeckt

Die Leiche von Heike H. war am Morgen gefunden, die Polizei informiert worden. Das Messer fand man Stunden später im Hosenbund der Beschuldigten. Erst am Abend wurde Veronika B. festgenommen. Völlig unklar ist, wie sie in den Besitz des Messers gelangt sein könnte.

Veronika B. war einen Tag vor der Tat mit einem Unterbringungsbeschluss von Polizisten in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses gebracht worden. Sie habe dabei Handschellen getragen, berichtet ein Pfleger als Zeuge. Er erzählt, dass er die Polizisten gefragt habe, ob Veronika B. durchsucht worden sei. Die Beamten hätten die Frage bejaht. Aufgabe des Pflegepersonals sei es gewesen, in der Tasche der Frau nach Drogen oder scharfen Gegenständen zu schauen. Offenbar wurde dabei nichts gefunden.

In dem Verfahren, für das drei Verhandlungstage terminiert sind, ist die Schwester der getöteten Heike H. Nebenklägerin. Ihr Anwalt Markus Lehmann sagt am Rande des Verfahrens, Heike H. habe keine Chance gehabt, den Angriff zu überleben.