Brandenburg

Giftpflanze breitet sich in Brandenburg aus – Pferde und Schafe sterben daran

Das Kreuzkraut wächst meist am Straßenrand. Doch wegen des Klimawandel breitet es sich immer mehr auf Weiden aus. Ein Bauer sagt: So krass war es noch nie.

Gefährlich für Pferde und Schafe: Das Kreuzkraut hat grellgelbe Blüten. 
Gefährlich für Pferde und Schafe: Das Kreuzkraut hat grellgelbe Blüten. Felix Kästle/dpa

Sie sehen wirklich schön aus, diese kleinen sattgelben Blüten auf den wilden Wiesen überall in Brandenburg. Selbst erfahrene Bauern können aus großer Ferne oft nicht auf den ersten Blick erkennen, ob es Butterblumen sind – also schön und harmlos – oder aber die gefürchteten Vertreter des Frühlingskreuzkrauts – ebenfalls schön, aber eben sehr giftig. Sogar so giftig, dass sie lebensgefährlich sein können für Tiere auf den Weiden.

Die Todesfälle nehmen derzeit zu, denn diese heimische Giftpflanze blüht nun seit einigen Wochen. Gerade bei Brandenburgs Pferdehaltern geht nun die Angst um. „Das Frühlingskreuzkraut breitet sich immer mehr aus“, sagt Wolfgang Jung, Vorsitzender des Pferdezuchtverbandes Brandenburg-Anhalt der Berliner Zeitung. Das Problem ist schon seit einigen Jahren bekannt. „Doch so krass wie in diesem Jahr war es noch nie.“

Die Zahl der vergifteten Weidetiere kann derzeit noch niemand nennen. Über die Berichterstattung in den Medien sind derzeit knapp ein halbes Dutzend Todesfälle bei Pferden im Land Brandenburg bekannt. „Aber es gibt keine belastbaren Schätzungen“, sagt der Tierarzt Michael Köhler aus Wusterhausen der Berliner Zeitung. Er ist auf Pferde spezialisiert.

Grundsätzlich könne es auch einzelne Tiere geben, die sich mit einem Mal vergiften, weil sie zu viel von diesen Pflanzen gefressen haben und dann sterben. Das könnte dann auch über den Mageninhalt nachgewiesen werden. „Aber das Problem bei diesen Pflanzen ist in den meisten Fällen, dass sich das Gift über die Zeit summiert“, sagt er. Die Leber der Tiere werde über längere Zeit geschädigt und irgendwann sterben die Tiere, ohne dass die Halter die Ursache erkennen. „Es ist wie bei schweren Alkoholikern“, sagt Köhler. „Nicht der letzte Drink ist der tödliche, sondern die Dauer der Vergiftung ist das Problem.“

Auch Henrik Wendorff, Präsident des Brandenburger Bauernverbandes, sagte der Berliner Zeitung, dass er mit seinen 57 Jahren noch nie so viel Kreuzkräuter gesehen habe. „Nicht in dieser Intensität und auch nicht auf so vielen Flächen.“ Die Samen der Pflanzen werden von Wind weiter getragen, aber sie bleiben auch an Fahrzeugen hängen und werden gerade entlang der Straßen, Autobahnen und Zugstrecken immer weiter verbreitet.

Bürger sollen es melden, wenn sie das Kreuzkraut sehen

Das erste Mal hatte das Potsdamer Umweltministerium genau vor zwei Jahren vor dem Problem gewarnt. Das Frühlingskreuzkraut ist eine gängige heimische Art, die üblicherweise an den Rändern von Wegen und Straßen wächst. Doch schon damals wurde beobachtet, dass die giftigen Pflanzen immer mehr auf landwirtschaftliche Flächen „einwandern“.

Die Giftpflanze breitet sich nicht so sehr dort aus, wo Intensivlandwirtschaft betrieben wird, wo also ständig der Boden bearbeitet wird, wo gesät und öfter gemäht wird. Sondern vor allem auf Flächen, die extensiv genutzt, also nicht so stark bearbeitet werden. Das sind Wiesen, Weiden, Brachflächen. „Dort, wo eine geschlossene Grasfläche ist, stehen diese Kräuter eher nicht, sondern dort, wo es lichte Stellen gibt“, sagt Wendorff.

Sie breiten sich vor allem auf Feldern aus, die durch die Trockenheit der Dürresommer der vergangenen Jahre betroffen sind. Da kommt der Klimawandel ins Spiel. Wendorff sagt, dass nach der Hitze des vergangenen Sommers die Feuchtigkeit von Herbst bis Frühjahr folgte. „Das waren geradezu optimale Bedingungen für diese Pflanzen.“

Er erzählt, dass seine Kühe auf der Weide diese Giftpflanze meiden, weil sie bitter schmeckt. „Doch das Problem ist, wenn die Tiere nicht selbst entscheiden können, was sie fressen, sondern wenn sie Silage oder Heu bekommen.“ Das heißt: Auf einer Weide erkennen die Tiere die dicken Büschel mit den gelben bitteren Blüten und fressen sie nicht. Doch wenn das Futter gemäht und alles klein gehäckselt ist, dann sind die kleinen Teile des Kreuzkrauts weiterhin giftig, aber die Tiere schmecken sie in dem wilden Durcheinander nicht mehr heraus.

Nicht nur Pferde seien gestorben, sagt Wendorff, auch etwa ein Dutzend Schafe. Bei Kühen wirkt die Vergiftung anders: „Sie fallen nicht gleich tot um. Aber sie geben weniger Milch und auch die Fruchtbarkeit leidet.“

Nach Angaben des Potsdamer Umweltministeriums sind inzwischen landesweit Flächen betroffen: sowohl Straßenränder als auch Stilllegungsflächen, extensives Grünland und Futterflächen. Schwerpunkt sind die südlichen Landesteile. Die Landwirtschaftsbetriebe wurden informiert und aufgeklärt. Es wurden extra Verfahren für Ausnahmegenehmigungen geschaffen, damit Stilllegungsflächen zeitiger als sonst gemäht werden dürfen. Wenn Bürger diese Giftpflanzen an Straßenrändern sehen, sollen sie die Straßenmeistereien informieren, die schnellstmöglich mähen.