Berlin-Das Land Berlin erhöht die Zahl seiner Plätze zur Unterbringung von Asylbewerbern. Seit Jahresbeginn kamen nach Angaben des Landesamtes für Flüchtlinge (LAF) rund 10.100 Menschen nach Berlin und stellten Asylanträge. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es 6316, im vorigen Jahr etwa 3700.
Allein im Oktober kamen rund 2100 Migranten in Berlin an. Nach der Verteilung eines Teils auf andere Bundesländer sind 1400 geblieben. Im Oktober des vergangenen Jahres waren es nur rund 830.
Einen größeren Zustrom gibt es auch durch Migranten, die über die polnisch-belarussische Grenze nach Deutschland kommen. Jeden Tag greift die Bundespolizei in Brandenburg 50 bis 200 auf. Die meisten kommen aus dem Irak und Syrien. Vom 1. bis 10. November waren es nach Angaben einer Sprecherin der Bundespolizeidirektion Berlin 717 Personen. Am Freitag und Sonnabend lag die Zahl nach Angaben von Beamten „im niedrigen dreistelligen Bereich“. Ein Teil der Migranten wird, wie in den vergangenen Wochen, auf Berlin verteilt.
Nach Angaben von LAF-Sprecher Sascha Langenbach gibt es derzeit noch rund 900 Plätze. „Die Kapazität wird also knapp“, sagt Langenbach. Er rechnet nicht damit, dass sich die Situation entspannt. Die Behörden gehen davon aus, dass die Zahlen weiter steigen werden. Grund dafür ist die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze, die Aufnahme von rund 800 Menschen, darunter afghanische Ortskräfte und gesundheitlich schwer Betroffene aus anderen Ländern, bis Jahresende.
Winterliche Wanderungsbewegung aus Südosteuropa
Hinzu kommt die jedes Jahr übliche Wanderungsbewegung aus Ländern wie Moldawien, Bosnien-Herzegowina und Serbien. Wegen der hohen Heizkosten dort wollen Menschen für ein paar Monate in Deutschland überwintern. „Das sind Familien, die sich auf den Weg machen, weil das Thema Heizkosten für sie existenziell ist. Sie haben kein Geld für Gas und Holz“, so Langenbach.
Mit den Neuankömmlingen aus diesem Jahr betreut das Landesamt für Flüchtlinge derzeit in 82 Unterkünften insgesamt 20.400 Asylbewerber. Im Jahr 2016 waren es 35.000 Menschen. Anerkannte Asylbewerber, die in einer Unterkunft des LAF wohnen und sich selbst mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs versorgen, erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 354 Euro monatlich.
Wegen des Zustroms hat Berlin ehemalige, zwischenzeitlich leere Flüchtlingsunterkünfte mit insgesamt 1400 Plätzen in Containern wiedereröffnet: in Karow an der Siverstorpstraße, am Blumberger Damm und an der Dingolfinger Straße in Marzahn, am Quittenweg in Altglienicke. Auch ein Teil der Plätze im Tempohome auf dem Tempelhofer Feld soll wieder belegt werden.
Am Töpchiner Weg in Neukölln wurde gerade eine neue Unterkunft eröffnet, ebenso in Spandau. An der Quedlinburger Straße in Charlottenburg gab es am 1. November den ersten Spatenstich für eine Unterkunft mit 146 Wohnungen „für Neuberliner*innen mit Fluchterfahrung“, wie die Wohnungsbaugesellschaft Mitte twitterte. Die Unterkunft soll in zwei Jahren fertig sein.
Dubiose Betreiber machen das große Geld
Bei der Wiedereröffnung der Unterkunft mit 400 Plätzen am Blumberger Damm beklagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) kürzlich die aus ihrer Sicht mangelnde Bereitschaft der Bezirke, Wohnungen für die Flüchtlinge bereitzustellen. Für die Unterbringung seien eigentlich sie und nicht das Land zuständig. Deshalb verfügte sie, dass jeder Bezirk bis zum Jahresende 100 Menschen aus den Heimen des LAF unterbringen müsse.
In den Sozialämtern kam diese Aufforderung gar nicht gut an. Dies habe zur Folge, dass die Menschen, die zuvor in gut betreuten Heimen wohnten, nun in „Läusepensionen“ gestopft würden, wo dubiose Betreiber pro Tag den Ämtern horrende Mieten in Rechnung stellten, heißt es von Seiten der Ämter.
So ist nach Angaben von Mitarbeitern beispielsweise ein Ehepaar aus Libyen in Blankenfelde in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht: sechs voll belegte Zimmer mit Gemeinschaftsbad und -küche über einem Reifenhandel. Das Paar aus Libyen sei bislang in einer preiswerten und sozialbetreuten LAF-Unterkunft untergebracht gewesen, bis es das Zimmer in Blankenfelde zugewiesen bekam. Für dieses kassiert der Betreiber vom Sozialamt Pankow pro Nacht 42,75 Euro pro Person, also 85,50 pro Nacht für das Paar – ein Preis, der auch für ein einfaches Hotel ausgegeben werden könnte. Ähnlich ist es auch an hunderten anderen Orten in der Stadt, etwa an der Götzallee in Steglitz-Zehlendorf (30 Euro pro Person und Nacht) oder auch in einem ehemaligen Hotel an der Allee der Kosmonauten in Marzahn.


