Die Sommerferien, das war mal eine hubba-bubbamäßig in die Länge gezogene Kaugummizeit, die bunte Blasen warf, platzte und klebte und nach sechs Wochen trotzdem noch wie ein Mix aus Apfel und Abenteuer schmeckte. Oder nach vier Colakrachern, die gleichzeitig im Mund explodierten.
Am liebsten im Freibad, diesem Sommerferienort, wo alle Klassenunterschiede mit den Klamotten in den Spinden verschwinden, alle im Wasser gleich sind und jeder und jede ein Recht hat auf Föhn oder Fußpilz. Die einzigen Schranken fallen hier auf Pommespappschalen. Sorgen musste man sich allenfalls im Becken machen, wenn halbstarke Vollidioten ihre Arschbomben platzierten. Und natürlich war alles über Lichtschutzfaktor acht geradezu lächerlich.
Das Freibad, das früher nicht Erlebnisbad hieß oder ein Spaßbad war, ist inzwischen eine ernste Angelegenheit geworden, ein „Tatort Beckenrand“, wo „gewaltbereite Ausländer“ auf „friedliche Deutsche“ treffen. So liest sich das gerade überall. Und eigentlich ist auch schon alles gesagt zu dem Thema, nur halt nicht von jedem.
Berlins Regierender Bürgermeister Wegner schoss plötzlich wie Kai aus der Sommerlochkiste und sprach von „rechtsfreien Räumen“ und der vor lauter inhaltlicher Unbestimmtheit um seinen Kanzlerkandidatenstatus bibbernde Friedrich Merz forderte „eine erhöhte Polizeipräsenz“. Wann waren die beiden eigentlich zum letzten Mal selbst mal im Freibadwasser? Der bekannteste deutsche Politiker, der sich erlaubte, für die Öffentlichkeit in einen Pool zu springen, das war wohl Rudolf Scharping, und der ging spätestens danach wirklich baden.
Dass Polizisten keine Bademeister sind und auch keine sein wollen, ist das eine. Dass vor allem Hitze und nicht vorgeblich Herkunft zu Aggressionen und Gewalt führen kann, das andere. Und da im Freibad nicht nur Wasserspritzpistolen, sondern auch Muskeln aufgepumpt werden, ist das Vernünftigste, das man neben der Ausweispflicht unternehmen kann: Alle und nicht nur die besonders hitzeempfindlichen Männer aussperren, an einem Tag die Woche zum Beispiel. Zwei Tage wären besser.
So wie im Thermalbad Vöslau, Österreich, das sich bereits vor zwei Jahren einen „Damentag“ traute. Oder ein Hallenbad in Frankfurt am Main, das am vergangenen Weltfrauentag keine Männer hereinließ. Mit so einem Vorschlag muss man sich dann möglichst aerodynamisch in den Shitstorm stellen, um nicht weggeblasen zu werden.

Angefangen hat die neueste und an die Vorjahre erinnernde Freibaddebattensaison übrigens mit einem Vorfall in Lauter-Bernsbach, Sachsen, im schönen Erzgebirgskreis, drei Wochen ist das jetzt her. Ein (deutscher) Junge hatte einen anderen (syrischen) Jungen ins Wasser gestoßen oder gezerrt, dann kamen auch die etwas Größeren dazu, man beschimpfte sich, es flogen bald Fäuste, Stöcke und Flaschen kamen zum Einsatz, acht von neun Beteiligten sollen leicht verletzt worden sein. War dann gleich eine Massenschlägerei und mal wieder ein Beweis für die kaputte Integrationspolitik. Als hätte sie jemals funktioniert.
Bewiesen hatten die Zwölf- bis 15-Jährigen eigentlich nur, dass die Pubertät ein feuchter Schrei nach Liebe ist. Zumal im Freibad. Dabei gibt es dort klare Regeln: „Das seitliche Einspringen, das Hineinstoßen oder Werfen anderer Personen in das Schwimmbecken ist untersagt.“
Das gilt auch für Arschbomben streuende Arschgeigen und überhaupt für alle, die vergessen haben, dass Freibäder die schönsten Menschenkinos sind. Das Genre frei wählbar. Einfach zurücklehnen, zuschauen, Hubba Bubba kauen und mit vier Colakrachern abschmecken.




