Mit sieben Messerstichen wurde die fünfjährige Anissa im Februar dieses Jahres im Bürgerpark in Pankow getötet. Mutmaßlich von einem jungen Mann, der eigentlich auf das Mädchen aufpassen sollte: Gökdeniz A. Ab Dienstag steht der 20-Jährige vor einer Jugendkammer des Berliner Landgerichts. Vorsitzender Richter ist Uwe Nötzel, ein Mann, der mit Fällen, die in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt haben, durchaus Erfahrung hat.
Nötzel ist 61 Jahre alt und die Hälfte seines Lebens Richter. Er gilt als fair, durchaus aber auch streng. Es heißt, dass er sich von der öffentlichen Meinung nicht so leicht beeinflussen lasse. So schickte er vor Jahren einen 18-jährigen Berliner Gymnasiasten, der bei einer Gewaltorgie in der U-Bahn einen Menschen fast totgetreten hatte und wohl auf eine Bewährungsstrafe hoffte, nach einem viel beachteten Prozess wegen versuchten Totschlags für knapp drei Jahre ins Gefängnis. In den Medien wurde das Urteil als viel zu milde kommentiert. Dabei ist eine Jugendstrafe ohne Bewährung immer das allerletzte Mittel.
Nun muss sich Nötzels 39. Kammer in einem Prozess, der 16 Verhandlungstage dauern wird, ein Urteil über Gökdeniz A. bilden. Kein leichter Fall. Denn das Motiv, so hatte es die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung formuliert, sei nach wie vor unklar. Und bislang schweigt der Angeklagte zu den Vorwürfen.
Die Staatsanwaltschaft wirft Gökdeniz A. Totschlag vor. Laut Anklage sollte der junge Mann, wohl ein Freund von Anissas Familie, am 21. Februar auf einem Spielplatz unweit des Bürgerparks kurz auf das Mädchen und dessen drei jüngere Geschwister aufpassen. Am frühen Nachmittag soll der damals 19-Jährige den Spielplatz mit dem Kind in Richtung Bürgerpark verlassen haben, angeblich, weil das Mädchen zur Toilette musste. Später soll er ohne Anissa zurückgekehrt sein und erklärt haben, sie aus den Augen verloren zu haben.
Das vermisst gemeldete Kind wurde am frühen Abend desselben Tages im Bürgerpark entdeckt. Es starb wenig später in einem Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Gökdeniz A. das Mädchen erstochen hat.


