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Es sprudelt! Sommelier Serhat Aktas gründet Berlins erstes Sektfestival

Der deutsche Sekt wird immer beliebter – und kann es mit Champagner aufnehmen. Warum das nicht feiern? Serhat Aktas will Berlins erstes Sektfestivals organisieren. Ein Gespräch.

16.11.2022, Berlin - Deutschland. Sommelier Serhat Aktas mit einem ausgesuchten Tropfen. Er organisiert das Berliner Sektfestival 2023.
16.11.2022, Berlin - Deutschland. Sommelier Serhat Aktas mit einem ausgesuchten Tropfen. Er organisiert das Berliner Sektfestival 2023.Sabine Gudath

Serhat Aktas ist Sommelier, Inhaber der Weinbar „der Weinlobbyist – Bistro & Weinbar“ in der Kolonnenstraße und Organisator des ersten Berliner Sektfestivals. In einem seiner Beiträge hat er uns bereits erzählt, warum deutscher Sekt großartig ist. Nun wollen wir wissen, wie er die Entwicklung des deutschen Sekts sieht und was wir von Berlins erstem Sektfestival erwarten können.

Berliner Zeitung: Herr Aktas, wie kamen Sie darauf, sich mit deutschem Sekt zu beschäftigen?

Serhat Aktas: Als Sommelier hast du sowohl in der Ausbildung als auch später im Berufsleben mit der gesamten Weinwelt zu tun. Das ist auch gut so, denn die Weinwelt ist groß und spannend. Ich bin durch meine Laufbahn immer mehr mit den Weinen und Sekten aus deutschsprachigen Gebieten in Berührung gekommen. Deutschland, Österreich, Elsass, Schweiz. Diese Länder haben mich über die Jahre stark geprägt. Und seien wir mal ehrlich: Die deutschen Winzer machen die besten Weißweine der Welt. Und der Sekt, besser gesagt der Qualitätssekt, nimmt bereits seit einigen Jahren an Fahrt auf. Ich begleite die Sektbewegung sowohl als Sommelier sowie auch als Genießer seit längerer Zeit mit. Deswegen biete ich in meiner Weinbar „der Weinlobbyist“ auch nur Weine und Sekte aus deutschsprachigen Gebieten.

Welchen Status hat deutscher Sekt in der Welt?

Noch eher unbedeutend. Skandinavien spielt hier, in der Menge, die wichtigste Rolle. Skandinavier mögen sowohl deutsche Sekte als auch Weine sehr. Aber wenn wir die gesamte Welt betrachten, ist der deutsche Sekt im Vergleich zu Champagner, Prosecco und Cava noch unbedeutend. Zum Schutz der deutschen Produzenten muss ich aber erwähnen, dass das inzwischen nicht an der Qualität, sondern an der kleinen Produktionsmenge liegt. Noch wird wenig Qualitätssekt in Deutschland produziert. Ausgenommen sind die industriell hergestellten Produkte, die man für 4 bis 8 Euro in den Discountern und Supermärkten findet.

Die findet man reichlich im Ausland. Und das liegt wiederum daran, dass es sich bei den hiesigen Marken nicht um deutschen Sekt, sondern um „EU-Sekt“ handelt. Wenn auf der Flasche nur Sekt steht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Trauben aus Südeuropa günstig eingekauft wurden. Daher ist man nur mit dem Vermerk „Deutscher Sekt“ sicher, dass es sich hierbei um einen inländischen Sekt handelt.

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Der Weinlobbyist - Bistro&Weinbar
Zur Person
Serhat Aktas, 31 Jahre alt, stammt aus Izmir und kam als Elfjähriger mit seiner Familie nach Berlin. Hier beendete er die Schule und absolvierte eine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Aigner am Gendarmenmarkt. Er wurde ein staatlich geprüfter Sommelier, Sommelier im Sternerestaurant SAVU am Kurfürstendamm und studierte Weinakademiker an der Universität Geisenheim. Ende Februar 2020 übernahm Serhat Aktas das einstige Café Linds nahe des Kaiser-Wilhelm-Platzes. Im vergangenen April wurde er von der Winzervereinigung VDP für seine Sektkarte ausgezeichnet. Nun betreibt er das Restaurant „Der Weinlobbyist - Bistro&Weinbar“, Kolonnenstraße 62, 10827 Berlin.

Jetzt mal ehrlich: Kann deutscher Sekt etwa mit Champagner mithalten?

In der Menge und Breite der Qualitätsschaumweine steckt uns die Champagne in die Tasche! Da brauchen wir nicht drum herumzureden. Die Champagne ist ein Anbaugebiet, dessen Rebfläche circa ein Drittel der gesamten deutschen Rebfläche ausmacht. Das ist wichtig zu wissen. Im Vergleich zum deutschen Traubenanbau ist die Champagne ein sehr großes Gebiet, und hier dürfen auch nur Schaumweine, also nur Champagner, produziert werden. Da die Produzenten der Champagne quasi als eine geschlossene Gruppe mit eigenen, klar definierten und strengen Regeln agieren, bieten die auch in der breiten Masse eine ordentliche Mindestqualität an.

Ein „Schaumweinanbaugebiet“ haben wir in Deutschland nicht. Jedes der 13 deutschen Weinanbaugebiete produziert seine Sekte nach dem deutschen Wein- und Schaumweingesetz. Das ist nicht so streng wie in der Champagne. Wenn wir aber von der breiten Masse weggehen und uns einzelne deutsche Produzenten angucken, kann ich ganz klar sagen: Ja, wir haben viele Sekte, die können mit dem Champagner mithalten. Einige der deutschen Winzersekte können auch in der Qualität mit den ganz bekannten und teuren Champagnernamen konkurrieren. Ohne Zweifel! Um auch international mehr Anerkennung zu erzielen, müssen wir in der Menge bessere Qualitäten erzeugen.

Haben Sie einen Lieblingssekt aus Deutschland?

Nein, einen konkreten Namen kann ich hier nicht nennen. Denn tatsächlich haben wir in Deutschland inzwischen so viele hervorragende Sekte, dass ich eher von Lieblingssekten sprechen muss.

Sie organisieren jetzt ein Sektfestival in Berlin. Wie kam die Idee zustande?

Die Idee hatte ich bereits 2018 und ich wollte damit 2020 starten. Was aber dazwischengefunkt hat, weiß natürlich jeder. Ich trinke sehr gerne Schaumweine. Schon vor meiner Ausbildung zum Sommelier. Meine Liebe für den deutschen Wein habe ich ja bereits erwähnt. So habe ich 2017/2018 gemerkt, dass beim Thema deutscher Sekt sich etwas Ernsthaftes bewegt und das Thema in der Zukunft viel wichtiger sein wird. Die deutschen Produzenten arbeiten immer qualitätsbewusster, was das angeht, und behandeln ihre Schaumweine immer weniger stiefmütterlich. Ich möchte Teil dieser Bewegung sein. Denn tatsächlich steckt sie noch in den Kinderschuhen. Das heißt, wir können uns in der Zukunft auf deutlich mehr tolle Sekte freuen. Ein Fun Fact noch dazu: Deutschland hat den höchsten Schaumwein-Pro-Kopf-Verbrauch der Welt. Wir trinken im Durchschnitt wirklich viel Schaumwein. Also, warum sollte es kein Sektfestival geben?

Wann und wo wird es stattfinden?

In Berlin natürlich. Es wird nicht nur in einer Location, sondern in vielen stattfinden. Das Festival wird in Kooperation mit Berliner Restaurants, Weinhändlern, größeren Sektmessen und vielen weiteren veranstaltet. Das gesamte Programm werde ich publizieren, wenn es so weit ist.

Wer wird beim Sektfestival dabei sein?

Es werden viele hochkarätige Sektproduzenten wie Raumland, Griesel, Barth oder Reichsrat von Buhl dabei sein. Zudem auf der Berliner Seite tolle Restaurants wie The Cord von Thomas Kammeier oder das Restaurant Brikz von Arne Anker. Natürlich werden es deutlich mehr, denn es soll ja ein Festival werden. Aber eine ganz besondere Veranstaltung möchte ich hier erwähnen: Auf dem Gelände des Euref-Campus, wo sich auch das oben genannte Restaurant The Cord befindet, gibt es viele Veranstaltungsräume und Hallen. Unter anderem einen mit einem großen Außenpool. Da das Sektfestival mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Spätsommer stattfinden wird, werden wir mit dem Cord-Team eine Party direkt am Pool mit tollem Essen und Sekten durchführen. Darauf freue ich mich ganz besonders.

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Organisation?

Tatsächlich sehr viele! Es wird keine einfache Sache werden. Denn das wird vermutlich das größte Projekt werden, was ich jemals angefasst habe. Kommunikation mit den Sektgütern, Weinbauverbänden, Berliner Partnern wie Restaurants und Weinhändlern, Marketing, PR, Präsentation, Kontakt zu den Gästen, Journalisten, Bloggern, Influencern und weiteres. Jetzt, wo ich überlege, denke ich: Ach du heilige Scheiße, Serhat, viel Spaß dabei!

Bekommen Sie Hilfe von der Berliner Politik?

Noch nicht, aber ich hoffe, dass der Berliner Senat mich dabei unterstützt. Denn schließlich geht es um ein Kulturgut wie den Wein beziehungsweise den Sekt und natürlich um Berlin. Denn das Festival heißt nun mal Berliner Sektfestival.

Gibt es Interesse in Berlin an deutschem Wein, deutschem Sekt?

Ja, absolut! Ich kann aus zehn Jahren eigener Erfahrung sprechen. Definitiv wächst in Berlin die Nachfrage und Leidenschaft für deutschen Wein und Sekt.

Wie würden Sie Berlin aktuell einschätzen: Die Hauptstadt guter Küche? Und auch die Hauptstadt Deutschlands für den Konsum von gutem Wein?

Berlin ist zweifellos Deutschlands kulinarische Hauptstadt! Von tollen Weinbarkonzepten, Streetfood bis hin zu Sternerestaurants, wir haben alles in Berlin. Berlin ist modern, progressiv, probiert gerne neue Sachen aus und ist weltoffen. So ist unsere Stadt und genau deswegen ist Berlin auch so beliebt. Auch beim Wein sind wir Vorreiter. Berlin hat den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch der deutschen Großstädte. Nicht nur in der Menge, sondern auch in der Qualität. Tatsächlich greift der Berliner zu immer besserer Qualität beim Wein und Sekt. Auch da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen. Wir verstehen langsam, dass man auch beim Wein oder Essen zu besseren Qualitäten greifen sollte, denn: Du bist, was du isst und trinkst! Das ist Fakt.

Serhat Aktas betreibt das Restaurant „der Weinlobbyist – Bistro & Weinbar“, Kolonnenstraße 62, 10827 Berlin. Öffnungszeiten: Donnerstags bis freitags, 17 bis 23 Uhr.

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