Zur Zerstreuung am Wochenende blätterte ich in der Modezeitschrift Vogue und zappte durch die RBB-Mediathek. Zig Artikel gelesen, mehrere Filme angefangen, danach was anderes getan, unterwegs sein, feines Essen essen, dazu Notwendigkeiten wie Bügeln. Dabei tauchen in meinem Kopf immer wieder Zitate von Interviewten auf, deren Sätze lassen mich nicht los.
Da ist zuerst das Vogue-Interview zum Start des Films „In einem Land, das es nicht mehr gibt“. Fotografin Ute Mahler und die heutige Modedesignerin und Professorin Grit Seymour erinnern sich an ihre Arbeit in der Modeszene zu DDR-Zeiten. Es geht um die sorgsam und langwierig inszenierten Fotos für die ikonische DDR-Modezeitschrift Sibylle während der 80er-Jahre.
Es war wirklich genug Zeit da
Fotografin Mahler beschreibt das so: „Ich hatte das Gefühl, dass wirklich genug Zeit war, die Fotos so zu machen, dass sie für einen richtig waren.“ Grit Seymour stimmt ihr zu. Auch im Film „Ostkreuz“ über die gleichnamige Berliner Fotoagentur beschreibt Ute Mahler die Situation damals, „für eine Modestrecke in der Sibylle hatten wir ein Dreiviertel Jahr Zeit“.
Neulich sprach ich mit einer Frau Ende der 50, wir erinnerten uns gemeinsam an Vor-Handy-Zeiten, als man sich Zettel hinterließ, keine WhatsApp-Nachrichten schickte. Beim Spaziergang mit einer Freundin spürten wir den gemütlicheren Zeiten, als das Leben zeitlos vor sich hin schwappte, wohlig nach. Lag es daran, dass wir jünger waren und nicht so viele Verpflichtungen hatten?
Ganz egal, woher man kommt, ob aus West oder Ost, jeder weiß genau, was gemeint ist. Die Zeit, sie rinnt uns unter den Händen weg, nie ist genug davon da. Die Lockdowns brachten ein kurzes Innehalten, aber längst ist wieder Hoppladihopp angesagt.
Woran liegt das, warum war es früher anders? Fotograf Maurice Weiss von der Agentur Ostkreuz weiß, womit es angefangen hat, das rastlose Hasten. Im Film „Ostkreuz“ sagt er, „diese Digitalisierung hat zu einer Wahnsinns-Effizienzsteigerung geführt. Sowohl, was die Staffelung der Termine als auch die Geschwindigkeiten auf allen Ebenen betrifft. Man hat immer weniger Zeit, nachzudenken. Und jeder Fehler schlägt auch viel schneller durch.“



