Der Prozess um einen mutmaßlich rassistischen Angriff in einer Straßenbahn in Prenzlauer Berg ist am Montag noch nicht wie geplant mit einem Urteil zu Ende gegangen. Es wurden weitere Zeugen gehört, die den Zwischenfall in der Straßenbahn oder an der Haltestelle beobachtet hatten. Erst am kommenden Donnerstag sollen in dem Verfahren am Amtsgericht Tiergarten die Plädoyers gehalten werden. Am Donnerstag in einer Woche könnte dann ein Urteil gesprochen werden.
Angeklagt sind drei Frauen und drei Männer im Alter von 25 bis 55 Jahren. Sie müssen sich wegen Beleidigung, Bedrohung, gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung verantworten.
Am 5. Februar vorigen Jahres hatten sie offenbar mit sehr viel Alkohol den 33. Geburtstag von Jennifer G. gefeiert, die mit auf der Anklagebank sitzt. In der Straßenbahn der Linie 4 soll die Gruppe die 17-jährige Dilan S. mit Worten wie „Drecksausländer“ rassistisch beleidigt und nach dem Verlassen der Tram angegriffen und verletzt haben. Nach der Tat waren die Angeklagten in einer nahe gelegenen Kneipe festgenommen worden, die als Treffpunkt für Rechtsextremisten gilt.
Der Fall erregte Aufsehen, weil die türkischstämmige Schülerin nach dem Angriff aus dem Krankenhaus ein Video vom Geschehen gepostet hatte. Darin erzählte die Abiturientin unter Tränen, dass ihr niemand geholfen hätte. In der Polizeimeldung war zunächst davon die Rede, dass es in der Tram zu einem Streit gekommen war, weil die Jugendliche keine Maske getragen hatte. Doch Dilan S. hatte sehr wohl eine Maske getragen, die Angeklagten aber nicht. Die Polizei berichtigte später ihre Meldung.
Dilan S. ist noch heute aufgrund des Erlebten in psychologischer Behandlung. Sie leidet noch immer an Schlafstörungen, geht im Dunkeln nicht allein aus dem Haus und meidet die Gegend um den Tatort.
Laut Bundeszentralregister sind drei der Angeklagten nicht vorbestraft. Der Auszug von Heiko S., eines 45 Jahre alten Zwei-Meter-Mannes, weist hingegen 14 Eintragungen aus. Darunter sind auch Verurteilungen wegen Körperverletzung und Beleidigung sowie wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Auch Matthias S., 43 Jahre alt, wurde bereits wegen Beleidigung und Körperverletzung verurteilt.


