Mohamed R. war zu Lebzeiten wohl nicht besonders beliebt und hatte Feinde. Und doch kam zu seiner Beerdigung am Donnerstag eine große Schar an Trauergästen, darunter einige sogenannte Clangrößen.
Der 25-Jährige war am Wochenende auf den „Neuköllner Maientagen“ erstochen worden. Die Polizei fahndet nach mindestens zwei Tatverdächtigen. Mit einem Großaufgebot und Absperrgittern schützte sie die Beisetzung auf dem evangelischen Zwölf-Apostel-Friedhof am Werdauer Weg in Schöneberg. Dort gibt es einen Bereich für muslimische Bestattungen. Mehrere der Beamten vor Ort waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gab es aber keine größeren Vorkommnisse.
An der Beisetzung nahmen mehrheitlich Männer teil. Etwas abseits stand eine Gruppe Frauen. Ein Stück entfernt hatten sich auch sechs Polizisten postiert, während der Imam seine Predigt auf Arabisch hielt und unter anderem vom Teufel sprach, der in den Menschen wohne.
Als die Menschenmenge den Friedhof verließ, wurde aus dieser heraus eine 0,5-Liter-Wasserflasche in den für die Medien abgesperrten Bereich geschleudert. Die Polizei stellte die Plastikflasche sicher.
Verletzte Ehre als mögliches Mordmotiv
Mohamed R. ist der jüngere Bruder von Nidal R., der im Jahr 2018 auf dem Tempelhofer Feld in aller Öffentlichkeit vor den Augen von Frauen und Kindern erschossen wurde. Der damals 36-Jährige war als „Berlins jüngster Intensivtäter“ bekannt geworden, weil er schon im Kindesalter zahlreiche Straftaten begangen hatte. Nidal R. gehörte zu einer kleinen, aus dem Libanon eingereisten Palästinenser-Familie, suchte aber Anschluss zu den mächtigen kriminellen Clans der Hauptstadt.
Zur Beerdigung von Nidal R. kamen damals mehr als 2000 Menschen. Darunter waren die Chefs des Remmo-Clans, des Abou-Chaker- und des Al-Zein-Clans. Auch dieses Mal, bei der Beerdigung des jüngeren Bruders Mohamed, waren diese „Clangrößen“ wieder vertreten.
Die Tötung von Mohamed R. ist möglicherweise eine Folge des Mordes an seinem älteren Bruder und hat – wie so oft in diesem Milieu – etwas mit verletzter Ehre zu tun. Denn vorausgegangen offenbar war ein Streit: Die späteren Mörder sollen in einem Café die Tötung von Nidal R. als rechtmäßig bezeichnet haben, worauf Mohamed R. einem der Männer mit einem Messer ins Bein gestochen haben soll.
Verurteilt wegen zahlreicher Straftaten
Berichten aus der Szene zufolge sei die Gewalt dann auf dem Rummel in Neukölln eskaliert: Der von Mohamed R. zuvor mutmaßlich verletzte Mann und dessen Bekannte trafen dort auf Mohamed R., der eine Pistole gezogen haben soll. Er wurde mit mehreren Messerstichen verletzt und starb später im Krankenhaus.
Nach Angaben aus Ermittlerkreisen war auch Mohamed R. kein „kleines Licht“ in seinem Milieu. Ohne Schulabschluss und Berufsausbildung strebte er zunächst eine Karriere als Profiboxer an. 2016 wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung, 13 Diebstählen, Nötigung und Urkundenfälschung zu einer Haftstrafe verurteilt. Im Anschluss wurde seine Abschiebung veranlasst.

