Vor Gericht

Besucht, betäubt, beraubt: 30-jährige Berlinerin raubte zwei Männer bei Dates aus

Eine Frau steht wegen zweifachen Raubes und Körperverletzung vor dem Amtsgericht Tiergarten. Sie habe aus Not gehandelt, erklärt ihr Anwalt.

Die Angeklagte Pauliane T. im Gerichtssaal.
Die Angeklagte Pauliane T. im Gerichtssaal.Olaf Wagner

Mit vielen Pausen und Seitenblicken trägt der Rechtsanwalt von Pauliane T. ihre Stellungnahme vor. Dabei muss er häufig innehalten, damit der Dolmetscher auf Französisch übersetzen kann. Die 30-jährige Angeklagte sitzt stumm da, den Kopf hat sie in den Händen oder halb unter der Kapuze ihrer grünen Jacke verborgen. Die Jacke hat einen dieser Fellkragen, die erst im Herbst getragen werden. Dabei ist es an diesem Montag noch einmal richtig warm geworden. 

Am Montag beginnt der Prozess wegen Raub und Körperverletzung im Amtsgericht Tiergarten. Pauliane T. soll zwei Männer in deren Zuhause getroffen, sie dort betäubt und anschließend ausgeraubt haben. Einer der beiden sagt an diesem Montag aus, er hat extra eine Jacke angezogen, die ihm damals gestohlen wurde. Es soll der erste von vier Prozesstagen sein, doch schon jetzt gesteht Pauliane T. ihre Taten.

Sie begründet diese in ihrem Statement mit der finanziellen Not, in der sie damals war. Seit Januar 2019 sei sie in Deutschland, hatte hier Asyl beantragt. Der Antrag wurde abgelehnt, arbeiten durfte sie nicht. Das Geld, das sie zwischenzeitlich vom Staat bekam, reichte für sie und ihre zwei Kinder nicht.

 „Als ich damals die Taten beging“, liest ihr Anwalt vor, „meinte ich, ich hätte keine andere Wahl.“ Sie sei dann auf die schiefe Bahn geraten. Ihre Tochter sei neun Jahre alt und autistisch, sie lebe jetzt in Kamerun bei Verwandten, die immer nach Geld fragen. Ihr zweites Kind, der fünfjährige Sohn, sei mit ihr in Deutschland. „Die meisten Menschen in Kamerun denken, dass das Leben in Deutschland einfach sei“, sagt sie. Schließlich konnte sie sich auch von Bekannten in Deutschland nichts mehr leihen und begann zu stehlen. Dann erkrankte ihre Tochter im Herbst 2022 in Kamerun an Malaria.

Während ihr Verteidiger spricht, sitzt Pauliane T. zusammengesunken und trocknet sich die Augen, der Dolmetscher übersetzt leise weiter. Insgesamt bestätigt sie die Anklage vollständig und betont, dass sie allein und für ihre Kinder gehandelt habe.

Staatsanwaltschaft wirft ihr 4400-Euro-Raub vor

Die Taten fanden im Dezember 2022 und im Februar dieses Jahres statt. Insgesamt 3800 Euro im ersten und 600 Euro im zweiten Raub soll sie erbeutet haben. Laut ihrem Anwalt waren es im ersten Raub nur 1300 Euro gewesen, von welchen sie 1100 Euro zu ihrer Tochter nach Kamerun geschickt habe. Sie wolle es wiedergutmachen und die Schäden in Raten von 50 Euro zurückzahlen, sagt er.

Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk widmet sich zunächst dem ersten Zeugen, Ibrahim C. Als einer der Geschädigten hat er viel über die Angeklagte zu berichten, doch das geht nur in Bruchstücken. Er spricht nur Englisch, sein Deutsch ist gebrochen, und so hilft auch ihm der beigeordnete Dolmetscher. Satz für Satz beschreibt Ibrahim C., wie er die Angeklagte zufällig im frühen Dezember 2022 am U-Bahnhof Friedrichstraße kennengelernt habe. Sie hätten Nummern ausgetauscht. Vereinbarter Treffpunkt für das erste Date sei die Station Gesundbrunnen gewesen, nur wenige Minuten von seiner Wohnung.

Die Angeklagte, welche sich ihm unter falschem Namen vorgestellt haben soll, drängte darauf, zu ihm zu gehen. Schließlich habe der 48-Jährige für sie beide einige Bier und zwei Flaschen Wein sowie Essen bei McDonalds geholt. Sie habe darauf bestanden, ein Taxi zu rufen, obwohl es nur etwa zehn Minuten Fußweg waren. 

„Ich wachte auf und meine Wohnung war leer geräumt!“

In seiner Wohnung angekommen hätten sie gegessen, getrunken, und er habe versucht, sie kennenzulernen. Doch sie war abweisend, habe fast nur telefoniert und am Telefon immer wieder gesagt, dass die andere Person „noch warten solle“. Nebenbei trank er Bier, schon nach der zweiten Flasche ging es ihm schlecht und er habe sich hinlegen wollen. Das sei alles, was er noch wisse. Am Freitagnachmittag hätten sie sich getroffen, am Sonntagmorgen sei er wieder aufgewacht: „Ich wachte auf und meine Wohnung war leer geräumt!“ Seitdem habe er Konzentrationsprobleme und seinen Job deswegen auch verloren, klagt er.

Nach dem Vorfall habe er die Angeklagte sogar noch einmal getroffen. Am S-Bahnhof Alexanderplatz sei er einige Wochen nach dem Vorfall auf dem Weg nach oben auf der Rolltreppe gewesen und habe sie mit einer Gruppe anderer Männer direkt neben sich auf dem Weg nach unten gesehen. Doch wegen der Menschenmenge habe er sie nicht erreichen können, bevor er sie aus dem Blick verlor.

Woher er wusste, dass sie es war, fragt der Vorsitzende Richter Martin Mrosk. „Na, einer der Männer hatte eine meiner Jacken an“, sagt Ibrahim C. Am 11. September geht es laut Prozessplan weiter.