Es ist ein neuer Rekord. In Berlin sind im Jahr 2021 insgesamt 28.595 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger hervor. Als Reaktion darauf werden jetzt Forderungen nach einem besseren Schutz der Mieter laut.
„Dass im Jahr 2021 so viele Umwandlungen stattfanden wie 2017 und 2018 zusammen, ist vor allem wegen des hohen Risikos von Eigenbedarfskündigungen besorgniserregend“, sagt der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV), Reiner Wild. „Auch wenn nur ein unterdurchschnittlicher Teil der Käufer umgewandelter Wohnungen dies zum Zwecke der Selbstnutzung tut, sorgt gleichwohl die Möglichkeit des Eigenbedarfs für Angst vor dem Wohnungsverlust.“ Weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zahl der Eigenbedarfsgründe ständig erweitert worden sei, halte der Berliner Mieterverein eine Gesetzesänderung zum Schutz vor dem Verlust der Wohnung für „dringend geboten“.
Das Gros der Hauseigentümer in Berlin kam mit der hohen Zahl an Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen einer Gesetzesänderung der alten schwarz-roten Bundesregierung zuvor, die im Sommer 2021 in Kraft getreten ist. Die Gesetzesänderung ermöglicht es den Bundesländern, Umwandlungen in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu erschweren. Der alte rot-rot-grüne Senat hat eine entsprechende Verordnung dazu noch im August vergangenen Jahres erlassen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist danach in ganz Berlin genehmigungspflichtig – und zwar bis Ende 2025.
Schutz vor Umwandlung aus Eigenbedarf gilt nur eingeschränkt
Nach Inkrafttreten der neuen Regelung wurden nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin nur noch 15 Anträge zur Umwandlung von insgesamt 340 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen gestellt. Fünf Anträge für 57 Wohnungen wurden genehmigt. Das Problem: Die Zahl der umgewandelten Wohnungen in Berlin ist schon jetzt sehr hoch. „Von 1991 bis 2021 wurden nach amtlicher Zählung 336.976 Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Berücksichtige man die vor der Wiedervereinigung umgewandelten Wohnungen, belaufe sich die Gesamtzahl auf schätzungsweise rund 400.000 betroffene Wohnungen.
Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bedeutet, dass die Wohnungen in einem Mietshaus in Einzeleigentum aufgeteilt werden. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass der Hauseigentümer die Wohnungen später einzeln verkaufen kann. An den Mietverträgen ändert sich durch eine Umwandlung oder einen Verkauf nichts. Mieter in Berlin sind bis zu zehn Jahre vor einer Kündigung geschützt. Außerdem haben sie ein Vorkaufsrecht. Weil Eigentumswohnungen ohne Mieter leichter zu verkaufen sind und zugleich mehr Geld einbringen, werden Mieter immer wieder vorzeitig zum Auszug gedrängt.
Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger machen die aktuellen Zahlen in Berlin „deutlich, dass die Folgen des Umwandlungstrends noch lange nicht vorbei sind“. Auch wenn die neue Verordnung erste Erfolge erziele, komme sie „deutlich zu spät“, so Schmidberger. Die Nachwirkungen der Umwandlungen seien jetzt durch zunehmende Eigenbedarfskündigungen zu spüren. Bei ihr meldeten sich vermehrt Mieter, die „Eigenbedarfskündigungen erhalten und sich nicht dagegen wehren können, weil die Härtefallregelungen sehr eng und die Gründe für Eigenbedarf sehr weit gefasst werden“.
Verschärfend komme hinzu, dass die besonderen Schutzfristen nur für die Mieter gelten, die zum Zeitpunkt der Umwandlung in der Wohnung leben, alle anderen Mieter danach hätten „so gut wie keine Handhabe, ihr Zuhause zu behalten“. Schmidberger fordert einen besseren Schutz der Mieter. „Auf der Bundesebene müsste das Machtungleichgewicht zwischen Mieter und Vermieter bei umgewandelten Wohnungen im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuchs neu und fair ausbalanciert werden“, sagt sie.

