Corona-Politik

Berliner Corona-Politik: Giffey macht Charité zur Chefinnensache

Die Regierende Bürgermeisterin besucht Deutschlands größtes Universitätsklinikum. Und die zuständige Fachsenatorin ist nicht dabei.

Franziska Giffey lässt sich in der Charité von Intensivstationsdirektor Kai-Uwe Eckardt (2. v.l.), Oberarzt Philipp Enghard (l.) und Assistenzärztin Natalia Quiroga die Lage erklären.
Franziska Giffey lässt sich in der Charité von Intensivstationsdirektor Kai-Uwe Eckardt (2. v.l.), Oberarzt Philipp Enghard (l.) und Assistenzärztin Natalia Quiroga die Lage erklären.Charité/Sabine Gudath

Berlin - Es war ein Termin mit einiger Brisanz und Symbolkraft. Berlins neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) besuchte am Dienstag die Corona-Intensivstation der Charité. Einerseits ging es um den Umgang mit der Pandemie. Andererseits stellte sich die Frage, warum bei diesem Termin im Universitätsklinikum in Mitte die Fachsenatorin nicht zugegen war, Wissenschafts- und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne). Das Zeichen jedenfalls ist eindeutig: Charité und Corona sind Chefinnensachen. 

Im Anschluss an ihren Besuch auf der Intensivstation zeigte sich Giffey beeindruckt von der Arbeit und dem Engagement des dortigen Personals. Und auch über die Patienten sagte sie etwas: „Ein Großteil von denen, die dort liegen, sind keine vehementen Impfgegner.“ Viele hätten es einfach verpasst, sich impfen zu lassen oder das Risiko einer schweren Erkrankung auf die leichte Schulter genommen - „und jetzt liegen sie hier in Bauchlage“, sagte Giffey.  

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Charité-Chef Kroemer: Folgen von Omikron sind noch nicht einschätzbar

Als Konsequenz aus ihrem Besuch mochte Giffey einen Lockdown nicht grundsätzlich ausschließen. Wie könnte sie auch, angesichts der sich ausbreitenden Variante Omikron, von der selbst der Charité-Vorstandsvorsitzende Heyo Kroemer sagt, man könne deren Folgen derzeit nicht abschätzen.

„Wir befinden uns in einer Übergangsphase“, sagte Kroemer am Dienstag. Daten und Erfahrungen aus Ländern wie Dänemark oder England seien nur bedingt auf die hiesige Situation übertragbar. Zu unterschiedlich seien die Voraussetzungen, etwa beim Impfstatus.

Das geben auch die Zahlen wieder. Die Intensivstationen in den hauptstädtischen Krankenhäusern sind aktuell zu 19,4 Prozent belegt, wie im Lagebericht des Senats dargestellt. Dieser Parameter der Berliner Corona-Ampel steht auf Gelb. 

Für Franziska Giffey sei die Sache deswegen derzeit recht klar, wie sie sagte: „Unsere Aufgabe als Politik ist es, sehr kurzfristig zu reagieren auf die Situation, die sich verändert.“ Derzeit habe sie aber „nach wie vor die Haltung, dass wir noch nicht an dem Punkt für einen Lockdown sind - auch nach dem Gespräch heute“. 

In dem Zusammenhang wies sie auf die verschärften Corona-Regeln hin, die seit Dienstag gelten. Es gehe um eine Balance zwischen dem Aufrechterhalten des öffentlichen Lebens, dem Schutz der Bevölkerung, aber auch der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur. Im Gespräch ist die Einführung einer 2Gplus-Regel etwa für die Gastronomie als nächste Stufe.

Um einen Lockdown als allerletztes Mittel zu vermeiden, müsse vor allem in den Krankenhäusern, bei der Polizei und bei der alltäglichen Versorgung der Bevölkerung das System aufrechterhalten werden. „Deswegen müssen wir sehr verantwortlich jeden Tag aufs Neue die Situation ansehen und Maßnahmen treffen, so es notwendig ist“, sagte Giffey.

Dazu kündigte sie ein Treffen mit dem Berliner Krisenstab am Mittwoch an, bei dem darüber gesprochen werden soll, wie sich die kritische Infrastruktur auch mit einem stärkeren Krankheitsverlauf aufrechterhalten lasse. An diesem Treffen soll nach Giffeys Auskunft auch die diesmal abwesende Gesundheitssenatorin Gote teilnehmen. Am Nachmittag ist zudem ein gemeinsamer Besuch des Impfzentrums im ICC geplant.

Am Dienstag aber gehörte Giffey die Bühne noch allein. „Es ist wichtig, dass wir gerüstet sind für einen Ausfall zwischen 10, 20, 30 Prozent, wenn diejenigen, die hier Hilfe leisten, nicht mehr zu voller Einsatzfähigkeit in der Lage sind, weil viele selbst krank sind“, sagte sie. Der Krankenstand in der Charité sei aber derzeit sehr gering. „Natürlich ist die Hoffnung hier, dass die Krankheit überwunden wird, dass die kommenden Monate nicht so schwer werden, wie es vielleicht befürchtet wird. Aber es ist wichtig, sich darauf vorzubereiten.“

Charité-Chef Kroemer bestätigte die volle Einsatzfähigkeit seiner Leute: Im Bereich der Pflege liege der Krankenstand aktuell bei etwa sieben Prozent auf dem Niveau der Zeit vor der Corona-Pandemie. „Bei den Ärztinnen und Ärzten waren die Zahlen noch deutlich niedriger“, sagte Kroemer und nannte Werte von drei bis vier Prozent.