Stadtentwicklung

Wirbel um Ex-Bausenator Peter Strieder: SPD-Politiker ist jetzt für Investor tätig

In der Debatte über die Bebauung des Checkpoint Charlie äußert ein Grünen-Abgeordneter Bedenken, dass der ehemalige Senator sein Wissen „verkauft“.

Berät Investoren aus der Immobilienbranche: der frühere Stadtentwicklungssenator und SPD-Parteichef Peter Strieder, 70 Jahre.
Berät Investoren aus der Immobilienbranche: der frühere Stadtentwicklungssenator und SPD-Parteichef Peter Strieder, 70 Jahre.Imago

Der Auftritt des früheren Stadtentwicklungssenators und SPD-Parteichefs Peter Strieder im Baukollegium des Senats stößt auf Kritik in der Politik. „Fragwürdig ist für mich immer wieder, wenn ehemalige SPD-Senatoren in solchen Sitzungen auf Investorenseite auftauchen“, sagt der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze. „Dass der ehemalige Bausenator Strieder hier offen aufseiten des Investors in die Debatte eingreift, hat einen faden Beigeschmack. Ich halte es generell für bedenklich, wenn ehemalige Senatoren ihr Wissen an Investoren verkaufen.“

Strieder war am Montag in der Sitzung des Baukollegiums, das Behörden und Bauherren in wichtigen architektonischen Fragen berät, aufseiten des Investors Gold.Stein Real Estate aufgetreten und hatte die Vorschläge zur Gestaltung der geplanten Büro- und Wohnhäuser am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie verteidigt. Bei der Sitzung hatte das Architekturbüro Meixner Schlüter Wendt aus Frankfurt am Main dem Baukollegium seine Pläne für den Bau von Büros und Wohnungen westlich der Friedrichstraße präsentiert.

Für Diskussionen sorgte insbesondere die Frage, wie die Neubauseite eines Bürogebäudes aussehen soll, das neben dem künftigen Stadtplatz auf der gegenüberliegenden Seite des geplanten Bildungs- und Erinnerungsorts errichtet werden soll. Das Architekturbüro schlug vor, eine riesige Scheibe aus teils mattiertem Glas vor der eigentlichen Fassade zu errichten. Beim Baukollegium stieß dieser Vorschlag aber auf Bedenken, ohne dass sich das Gremium abschließend festlegen mochte.

Strieder, der heute mit seiner Firma SMC als Berater in Berlin tätig ist, machte sich für die Idee der Architekten stark. Er glaube, dass gerade diese Art der vorgestellten „nicht ganz durchsichtigen Wand“ den Bruch, das Disruptive in der Stadtentwicklung an diesem Ort deutlich mache, sagte er.

Als das Baukollegiums-Mitglied Jörg Springer sagte, das Gremium gehe davon aus, dass in den Erdgeschossen keine Fahrradabstellplätze zur Straßenseite in Erscheinung treten, reagierte Strieder offenbar mit einem Lachen. Jedenfalls sagte Springer, ein Architekt und Hochschullehrer, daraufhin: „Sie lachen Herr Strieder“, er selbst sitze jedoch in drei Beiräten, „und wir sind einiges gewohnt“, so Springer. „Wenn wir uns da einig sind, ist es uns recht. Ich deute ihre Heiterkeit so.“

Neben Strieder wird die SMC GmbH von Philipp Mühlberg als Geschäftsführer geleitet, einem ehemaligen Mitarbeiter Strieders aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Daher kommt der Name des Unternehmens: SMC steht für Strieder Mühlberg Consultants. Zum „Gegenstand des Unternehmens“ gehören laut Handelsregister „strategische Informations- und Kommunikationsdienstleistungen, Beratung von Unternehmen bei der Analyse von politischen, gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Fragestellungen, Medienberatung“ und „kommunikative Begleitung“.

Idee eines Investors aus Bremen wurde nicht aufgegriffen

Strieder verteidigt seine Tätigkeit für den Investor gegen Kritik des Grünen-Abgeordneten. „SMC hat in den letzten Jahren wichtige Investitionen für Berlin betreut und damit Arbeitsplätze, Steuern und wirtschaftliches Wachstum ermöglicht“, teilte er auf Anfrage mit. „Zum Selbstverständnis der Sozialdemokratie gehört immer, dass alle zu Wort kommen können, auch Investoren. Erst durch die Unterstützung der SMC sind wichtige Projekte für Berlin realisiert worden.“

Strieder hatte am Checkpoint Charlie vor wenigen Jahren bereits den Bremer Investor Alexander Ruddat beraten. Dieser bot an, das vorgesehene Museum des Kalten Kriegs, das heute als Bildungs- und Erinnerungsort bezeichnet wird, in dem von ihm erworbenen Haus an der Zimmerstraße 19 einzurichten – in unmittelbarer Nähe zum Checkpoint Charlie. Damit hätte Berlin die Chance gehabt, den Ort der Blockkonfrontation von einer Bebauung freizuhalten – und die charakteristische Leere des Platzes erlebbar zu machen. Aufgegriffen wurde die Idee jedoch nicht.

Im Jahr 2016 war Strieder durch das Eintreten für einen Investor am Leipziger Platz in die Schlagzeilen geraten. Unter dem damaligen Bausenator Andreas Geisel (SPD) wurde seinerzeit ein Investor von der im Bebauungsplan vorgesehenen Pflicht zum Bau von 20 Prozent Wohnungen befreit. Geisel begründete die Befreiung damit, dass es sich um ein sehr kleines Grundstück handele, das „von beiden Seiten besonders verlärmt“ sei. Den Vorwurf, Strieder habe Einfluss genommen, wies Geisel zurück.

Im Jahr 2010 hatte Strieder die damaligen Eigentümer der privatisierten Wohnungsbaugesellschaft GSW dabei unterstützt, beim Land für ein Ja zum Börsengang des Unternehmens zu werben – mit Erfolg.