Bereits um 10.45 Uhr stehen am Freitag Familien mit ihren Kleinkindern vor dem Familienzentrum Buntes Haus in Marzahn-Hellersdorf in einer Schlange. Das Deutsche Kinderhilfswerk verschenkt nämlich 40 Schulranzen an Erstklässler aus Familien, in denen finanzielle Schwierigkeiten herrschen. Seit fast 2003 gibt es einmal jährlich bundesweit eine solche Schulranzen-Aktion. Seit 2009, als das Bunte Haus eröffnet wurde, findet sie auch in Marzahn-Hellersdorf statt.
Claudia Keul, die Referentin des Kindernothilfefonds, sagt, dass sie teilweise immer noch Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen habe, die über diesen Weg ihren ersten Ranzen erhalten hatten: „Sie haben alle ihren Bildungsweg entschlossen verfolgt und sind heute in der Gastronomie, im Einzelhandel, bei einer Bank oder im Handwerk beschäftigt.“ Die Schulranzen-Aktion zeige also Wirkung.
Katrin Roteh leitet seit 14 Jahren das Familienzentrum Buntes Haus. Sie sagt der Berliner Zeitung, dass Bedürftige aus dem Bezirk vom Jugendamt über die Möglichkeit informiert, Schulranzen zu bekommen. Oft gibt es auch Anfragen aus anderen Bezirken, doch – sie zeigt auf die immer länger werdende Schlange vor der Tür – die Kapazitäten seien begrenzt.
Die 47-jährige Katrin Roteh erklärt, wie die hilfsbedürftigen Kinder an einen Ranzen kommen: Zu Beginn müssen sich die Familien anmelden. Sie erhalten dann ein nummeriertes Armband, die Ziffern 1, 2 oder 3 stehen darauf. So viele Gruppen gibt es, die am Tag der Ausgabe nacheinander aufgerufen und in ein Zimmer geführt werden. Die Eltern bleiben draußen, die angehenden Erstklässler suchen sich selbst einen Ranzen aus. Darin befinden sich eine Federmappe, ein Turnbeutel, Stifte, ein Buch und eine Sonnenbrille.
Vielen Kindern fehlen elementare Dinge
„Vor allem hier in Marzahn-Hellersdorf ist die Kinderarmut täglich sichtbar“, sagt Daniela Tews, die seit fünf Jahren für das Deutsche Kinderhilfswerk arbeitet. Die 49-Jährige sagt, dass in einer reichen Industrienation wie Deutschland die Kinderarmut nicht das vorhandene Ausmaß erreichen dürfe. Jedes fünfte Kind hierzulande wachse in Armut auf. Vielen Kindern würden elementare Dinge wie Ranzen oder Federmappe fehlen. Da der Geldbeutel der Eltern nicht die Bildungschancen des Kindes schmälern sollte, sei die heutige Aktion so wichtig.


