In den vergangenen Wochen gab es mehrere Trauerfälle Prominenter, an öffentlichen Orten lagen für sie Kondolenzlisten aus. Mit einer Unterschrift trauern – schafft das Veränderung? Über die Bedeutung solcher Dokumentationen sprach ich mit dem Bestatter Fabian Lenzen, Obermeister der Bestatter-Innung Berlin-Brandenburg.
Ich treffe ihn in seinem Schöneberger Büro. Schwarze Taschentücher liegen bereit, Süßigkeiten stehen da für tröstliche Zuwendung, man nimmt Platz auf bequemen eleganten Ledersitzmöbeln. Ich erfahre, dass es seit dem 18. Jahrhundert im städtischen Raum Sitte wurde, Anteilnahme mit Briefen oder Unterschriften auszusprechen.
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Zunächst ein ganz praktisches Ziel
Diese Listen – ob sie nun gleich in Bücher geschrieben wurden oder als Loseblattsammlungen später zum Buch gebunden werden – haben für die Angehörigen zunächst ein ganz praktisches Ziel. Man weiß, wer auf der Beerdigung war und kann danach anschließend Danksagungen verschicken.
Meist schreiben die Kondolierenden nur ihren Namen darauf. Überhaupt wird es seltener, solche Listen auszulegen. Fabian Lenzen schätzt, dass es nur noch bei jeder fünften Beerdigung vorkommt. Die gesellschaftlichen Veränderungen reichen eben bis zu den Trauerfeiern: Traditionelle Elemente verschwinden langsam.
Wer sich in Kondolenzlisten einschreibt, vermag hingegen ganz für sich selbst Gewinn daraus zu ziehen. „Mit dieser Form der Ehrerbietung, dem Teilen der Betroffenheit in kollektiver Trauer an einem öffentlichen Ort wie dem Rathaus, verändern sich die eigenen Gefühle.“ Verspürt man doch auch Trauer beim Tod von Menschen, die man nicht persönlich kannte, mit denen man aber ein Stück gemeinsame Zeitgeschichte verlebte.
Selbst die reine Beobachtung solcher Vorgänge ist lohnend. Trauerarbeit sei ein Vorgang, der Zeit und Energie koste, sagt Fabian Lenzen. „Die Unterschrift ist dann das kleine bisschen, das ich selbst tun kann.“ Eine Haltung im Sinne von: „Das ist jetzt richtig für mich und die Situation.“ Im Idealfall bringt Trauer eine Veränderung zum Positiven.


