„Am Eingang zu unserem Wald hängt ein Schild: ‚Liebe Waldbesucherinnen und Waldbesucher, halten Sie bitte auch im Wald mindestens 1,50 Meter Abstand voneinander, auch wenn Sie nur zu zweit unterwegs sind.‘ Meine Frau und ich befolgen das, Sie geht an der rechten Seite des Weges, ich an der linken. Zu Hause setzen wir uns wieder dicht nebeneinander aufs Sofa und gucken einen Film. Da sind wir ja nicht mehr im Wald, wo uns der Uhu verpfeifen kann, sondern in unserem Haushalt, in dem wir uns seit Wochen verkriechen.“
So beginnt eine Geschichte aus der bizarren Corona-Zeit, nachzulesen im neuen Buch „Berlin brummt – Geschichten aus dem Hauptstadt-Kaff“, das am 5. Oktober im Pfefferberg-Theater präsentiert wird, in Kooperation mit dem Bebra-Verlag und Thalia. Torsten Harmsen, bei der Berliner Zeitung seit 1988, setzt damit seine Kolumnen-Buchreihe fort. In den etwa hundert amüsanten Geschichten geht es aber nicht nur um Corona, sondern um vieles mehr. Sie beruhen auf der Kolumne „Harmsens Welt“, die inzwischen jeden zweiten Freitag auf der Meinungsseite der Berliner Zeitung erscheint.
„Wieder einmal verwandelt Torsten Harmsen skurrile Begebenheiten aus dem Berliner Alltag in pointierte und humorvolle Geschichten. Seine Betrachtungen lassen dabei nichts Menschliches aus – von überforderten Paketboten, Sperrmüll im Wald, nervigen Meckeronkels und wirren Corona-Frisuren bis hin zu komischen Geräuschen aus dem All“, so kündigt der Veranstalter der Reihe „Literatur LIVE“ die Lesung im Pfefferberg-Theater an, in dem schon einige Autorinnen und Autoren der Berliner Zeitung gelesen haben.
Manchmal muss der „innere Berliner“ schimpfen und witzeln
Harmsen befasst sich mit dem Aufstieg von Union (die Wuhlheide liegt gleich vor seinem Haus), jungen Klima-Protestierern, Verkehrs-Chaoten, Seltsamkeiten des Mauerfall-Jubiläums (brachte David Hasselhoff die Mauer wirklich zum Einsturz?) und eigenartigen Brummtönen in der Stadt (daher auch der Buchtitel).
Der geborene Köpenicker betrachtet in seiner Kolumne die Welt durch eine bestimmte Brille, die des leicht angenervten, ironisch-trockenen Hauptstädters. Manchmal nutzt er seinen Hintergrund als Wissenschaftsredakteur, um Assoziationsketten zu knüpfen. Bescheinigt werden ihm „ironische Distanz gepaart mit Herzlichkeit und echtem Interesse an den Berlinern und ihren Marotten“. Manchmal bricht auch sein „innerer Berliner“ aus ihm heraus, um über Zustände zu schimpfen und zu witzeln.
„Man weeß jar nich, worüber man zuerst lachen soll“
„Wir haben jetzt zweieinhalb Jahre lang über Corona diskutiert und gestritten. Dummerweise kommen noch Krieg, Energiekrise und Klimaveränderungen dazu“, sagt Harmsen. „Man weeß jar nich, worüber man zuerst lachen soll“, ergänzt sein „innerer Berliner“, der ständig seinen Senf dazugeben muss.
Der Autor spürt – wie viele andere – die Belastungen, die aus einem ständigen Bewusstsein von Krisen und drohenden Katastrophen entstehen. Die Polarisierung der Gesellschaft und den sich wandelnden Ton beobachtet er voller Sorge. Er sieht seine Texte als Mittel an, trotz allem den Humor zu bewahren und heiter miteinander umzugehen. Das Schönste für ihn sind Lese-Veranstaltungen, in denen man gemeinsam über die Absonderlichkeiten Berlins und der Welt lachen kann. Und zu lachen gibt es so einiges in Harmsens Texten.
Buchpremiere: Torsten Harmsen: Berlin brummt – Geschichten aus dem Hauptstadt-Kaff (Bebra-Verlag, 2022), Mittwoch, 5. Oktober 2022, 20 Uhr, im Pfefferberg-Theater, Schönhauser Allee 176, 10119 Berlin, Abendkasse: 13 Euro. Ticketinfo: kasse@pfefferberg-theater.de, 030-939 358 555. Weitere Infos und Tickets online: literatur-live-berlin.de/portfolio-item/torsten-harmsen/





