Mit ihm verliert Deutschland einen großen Vordenker des Städtebaus: Vergangenen Donnerstag starb der Architekt Christoph Kohl völlig unerwartet in seinem Büro.
Kohl war Mitgründer des international renommierten Büros Krier Kohl, das vor allem mit dem Quartier Kirchsteigfeld in Potsdam bekannt wurde – einem der wichtigsten Neubaugebiete der Nachwendezeit. Er verstand die Stadt als Raum für gemeinsames Leben und aktive Teilhabe. Sein Wirken stand damit oft im Kontrast zum funktionalen Städtebau der Nachkriegsjahrzehnte.
In Berlin zählt das Gewerbehöfequartier „GoWest“ zu Christoph Kohls zu den bekannten Projekten. 2016 begann Kohl mit der Planung des Quartiers auf dem Gelände der früheren Reemtsma-Fabrik in Schmargendorf. Der erste Spatenstich folgte 2023, die Fertigstellung ist bis 2028 geplant. Das Projekt folgt dem Leitbild der produktiven Stadt: So entsteht dort ein ökologisches Quartier mit Handwerk, Gewerbe und Forschung.
Geboren 1961, studierte Kohl Architektur in Innsbruck, Wien und Venedig. Gemeinsam mit dem luxemburgischen Architekten und Urbanisten Rob Krier – einem Vertreter des traditionellen Städtebaus – realisierte er Projekte in ganz Europa. 2001 gründete er in Berlin das Büro Christoph Kohl Stadtplaner Architekten (CKSA), das er bis zuletzt leitete.
Christoph Kohl: Er wollte für Menschen bauen, nicht für Investoren
Kohls Entwürfe waren nie laut, aber klar. Oft widersprachen sie dem Zeitgeist und wurden als Antithese zum modernen Städtebau bezeichnet – unbeirrt hielt er jedoch an seinen Überzeugungen fest. Dafür erntete er sowohl Lob als auch Kritik. Doch er blieb sich treu: Städte, so glaubte er, sollten für Menschen gebaut werden – nicht für Investoren.
Die genaue Todesursache ist noch nicht bekannt. Das Büro CKSA soll von den bisherigen Partnern und Mitarbeitern weitergeführt werden. Kohls plötzlicher Tod ist nicht nur ein Verlust für viele Weggefährten, sondern auch ein schwerer Schlag für den Städtebau in Deutschland.
Seine Projekte werden weiterleben – in Stadtteilen, in Plänen, in Debatten. Und vielleicht in der leisen Hoffnung, dass der Städtebau, den Christoph Kohl vertreten hat, eines Tages nicht mehr als utopisches Gegenmodell zur Moderne gilt.


