Die spinnen doch. Das war das Erste, was ich vor vier Wochen dachte, als ich bei meinem Alltagsdiscounter den neuen Preis für Gurken sah: 1,99 Euro statt 99 Cent. Auf einen Schlag. Nicht die schleichende Verteuerung wie früher: erst 1,29, dann irgendwann 1,49 und so weiter. Nein, einfach verdoppelt, von einem Tag auf den anderen. Genau: Die spinnen doch.
Ich kaufte eine Gurke weniger. Dann sah ich den Chef aus dem Café um die Ecke, der wie jeden Morgen vier Gurken für die Frühstücksbrötchen seiner Kunden kaufte. Ich sagte: „Ganz schön teuer, oder?“ Als er den Preis sah, schaute er mich entsetzt an und legte zwei Gurken zurück.
Derzeit wird im großen Stil gezockt. Fachleute sagen: Die Handelsketten testen mal, wie hoch sie gehen können. Die Gurkenbauern profitieren davon kaum, nur der Handel. Da werden gern mal 100 Prozent aufgeschlagen, auch wenn die Inflationsrate in den ersten zwei Monaten des Jahres „nur“ bei 8,7 Prozent lag und nun im März sogar auf 7,4 Prozent gesunken ist.
Ich habe nicht viele Preise im Kopf und hebe auch keine Kassenzettel auf, aber ich weiß, dass meine Lieblingsschokolade nun 1,49 statt 1,09 Euro kostet, die Lieblingstomatensoße 1,69 statt 1,19 Euro und das Lieblingsmineralwasser nun 69 statt 53 Cent. Für den Preisvergleich habe ich auch noch meinen ganz persönlichen Warenkorb, weil ich jeden Morgen nur Obstsalat esse. Ich kaufe Obst immer für drei Tage, und wenn ich mich in der Schlange an der Kasse langweile, schätze ich manchmal den Preis: Vor dem Krieg war das langweilig, weil es meist 13 oder 14 Euro waren. Inzwischen ist es spannend. Mal sind es 18 Euro, mal 22.
Edeka gegen Mars
Meine Frau zeigte mir neulich ihr erstauntes Gesicht und dann ihren recht leeren Einkaufsbeutel: eine 125-Gramm-Schale Himbeeren, 400 Gramm Heidelbeeren und 350 Gramm Tomaten für 12,47.
Wir sind Zeugen eines großen Preiskampfes. Beispielsweise verweigert Edeka seit August die vom Mars-Konzern geforderte massive Preiserhöhung. Seither fehlen im Supermarkt Dinge wie Miracoli, Frolic, Wrigley’s oder die Riegel des Konzerns. Edeka kämpft sicher nicht ganz selbstlos, sondern verkauft nun seine alternativen Eigenmarken viel besser.
Ich beschloss eine persönliche Gurken-Revolte und kaufte weniger Gurken. Andere offenbar auch. Früher gab es Abende, da waren die Gurken um 20 Uhr ausverkauft. Nun türmten sie sich in den Kisten. Gut so. Nach vier Wochen gab der Discounter nach und senkte den Preis zwar nicht wieder auf 99 Cent, aber auf 1,29 Euro. Immerhin.




