Ein Nandu ist ungefähr so groß wie ein zehnjähriger Junge, wiegt knapp die Hälfte und rennt mindestens doppelt so schnell, nämlich 60 Kilometer pro Stunde. Es handelt sich laut den Erfahrungen eines Uckermärker Halters, der die Krallen zu spüren bekam, um ein äußerst wehrfähiges Tier. Außerdem fällt dem Nandu der irgendwie traurig stimmende Rekord unter den flugunfähigen Laufvögeln zu: Er hat die größten Schwingen von ihnen. Die Ornithologie verwendet zur Beschreibung des Federkleids den Begriff „zerfleddert“, was bei Laien einen abwertenden Klang von Ungepflegtheit hat. Die Eier sollen wie Hühnereier schmecken, das Fleisch wie das des nah verwandten Kopf-in-den-Sand-Steckers.
Um die letzte Jahrtausendwende herum sind ein paar von ihnen aus einem schleswig-holsteinischen Gehege entwichen, haben sich seither vor allem Richtung Osten, nach Mecklenburg-Vorpommern verlagert und stetig vermehrt. Die Trockenwiesen und leckeren Rapsäcker sowie die milden Temperaturen, die der Klimawandel mit sich bringt, kommen dem anpassungsfähigen, aber doch stress- und lärmempfindlichen Fluchttier, das ursprünglich in Südamerika über die endlosen Flächen der Pampa sauste, entgegen. Vorteilhaft für das Anwachsen der invasiven Population wirkte sich das Fehlen von natürlichen Feinden aus.
2018 zählte man 566 Tiere, die den Bauern große Teile ihrer Erträge von den Halmen fraßen, es war schon von einer Nandu-Plage die Rede. Umweltschützer versuchten, die Vermehrung einzudämmen, indem sie die Eier anbohrten, aber offenbar kamen sie nicht hinterher. 2020 wurden die Nandus zur Bejagung freigegeben. Küken und Jährlinge dürfen jederzeit geschossen werden, die erwachsenen Tiere von November bis März. Und siehe da, die Zahl der Sichtungen hat rapide abgenommen, nur noch 70 Tiere wurden 2024 gezählt.
Die Fachwelt ist sich nicht einig, ob der Bestand tatsächlich so stark abgenommen hat, oder ob die Tiere schnell gelernt haben, sich besser zu verstecken. Wer einmal das zufriedene Grinsen eines Nandu gesehen hat, kennt die Antwort.
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