Essay

Thomas Brussig über die Verkehrswende: Das Auto neu erfinden

Die „Verkehrswende“ wird eine Wende um 360 Grad. Wie eine 180-Grad-Wende aussähe.

Der Abschied vom Verbrenner stellt einen schwerwiegenden, ja epochalen Einschnitt für den größten deutschen Industriezweig dar.
Der Abschied vom Verbrenner stellt einen schwerwiegenden, ja epochalen Einschnitt für den größten deutschen Industriezweig dar.Cavan Images/imago

Der Anschlag von Magdeburg hat uns mal wieder klargemacht, wie leicht das wichtigste Beförderungsmittel als Mordwerkzeug missbraucht werden kann. Dabei hat das Auto diese Amokfahrt gar nicht gebraucht, um sich kritisch hinterfragen zu lassen und unter Druck zu geraten. Wer die aktuellen Artikel über die deutsche Automobilindustrie liest, fragt sich, ob das nur Krisenberichterstattung oder gleich ein Abgesang ist. Der Abschied vom Verbrenner stellt einen schwerwiegenden, ja epochalen Einschnitt für den größten deutschen Industriezweig dar. Dass „die Zulieferer leiden“, ist eine Untertreibung.

Der Stellenabbau ist gleichbedeutend mit einem industriellen Rückbau, der Preisgabe technologischen Wissens. Bestimmte Ingenieurskategorien sind die Hufschmiede unserer Zeit; sie werden nicht mehr gebraucht, und mit ihnen geht eine Welt. Denn das Auto, wie wir es kennen, ist ein ingenieurstechnisches Gesamtkunstwerk. Das Auto, was kommt, verspricht ein Elektrogerät zu werden; zumindest ließ die (inzwischen zurückgenommene) Ankündigung des Staubsauger-, Ventilatoren- und Luftbefeuchterherstellers Dyson, in den Fahrzeugbau einzusteigen, auf technologische Simplifizierung schließen, die ganze Wissenszweige überflüssig macht.

Berliner Zeitung

Mit einem Abo weiterlesen

  • Zugriff auf alle B+ Inhalte
  • Statt 9,99 € für 2,00 € je Monat lesen
  • Jederzeit kündbar