Was wir derzeit an den Stammtischen dieses Sommers, häufig zu Hause oder auch in den Medien erleben, ist ein sogenannter Kulturkampf. Diese Zuschreibung ist eine Zuspitzung. Historisch betrachtet ist damit das stürmische Ringen zwischen Staat und Kirche im 19. Jahrhundert gemeint; insbesondere zwischen Preußen und dem späteren Kaiserreich unter Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche. Der protestantisch geprägte neue Nationalstaat ging heftig gegen die katholische Minderheit vor, sei es in der Bildungspolitik oder gegen das alleinige Eheschließungsrecht der katholischen Kirche.
Das leidige Thema wurde schnell abgeräumt, aber in der Moderne begegnete es uns wieder vehement: Unvergessen die sogenannte 1968er-Revolution, die insbesondere im Westen das aus dem Krieg Verdrängte hervorholte und eine tiefe kulturelle Veränderung bis heute schuf. Dann veröffentlichte der renommierte US-Politikwissenschaftler Samuel Huntington 1996 sein ungemein populäres Standardwerk „Der Kampf der Kulturen“ und zeigte zukünftige Weltkonflikte als Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Kulturkreisen auf. Daran ist viel Wahres, und die furchtbaren Geschehnisse des 11. September 2001 schienen ihm zunächst recht zu geben; nur verkennt diese eindimensionale Sicht, dass die Dinge eben doch komplizierter liegen.

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