Neues Kreativfestival

Senat rudert zurück: Das Berliner SXSW-Festival liegt auf Eis

Die Pläne des Senats, das neue Festival ohne Ausschreibung unter anderem in die Hände der Axel Springer Media Group zu legen, waren von Anfang an auf Kritik gestoßen.

So ähnlich hätte das 2023 in Berlin aussehen können. Eine Performance beim SXSW-Festival in Austin, Texas, in diesem Jahr.
So ähnlich hätte das 2023 in Berlin aussehen können. Eine Performance beim SXSW-Festival in Austin, Texas, in diesem Jahr.Imago/Future Image

Die Pläne für einen Berliner Ableger des amerikanischen „South by Southwest“-Festivals, kurz: SXSW, haben sich offenbar vorerst zerschlagen. Wie der Tagesspiegel heute in seinem Newsletter berichtete, wollten die Veranstalter entgegen anderer Zusagen den Termin auf 2024 verlegen, statt es wie geplant 2023 durchzuführen.

Der Senat soll demnach Fördermittel von 3,5 Millionen Euro daraufhin zurückgezogen haben, die laut der Wirtschaftsverwaltung rund ein Drittel der Gesamtkosten des Festivals hätten decken sollen. In einer Stellungnahme, die die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe am Mittwochabend auf Anfrage der Berliner Zeitung abgab, heißt es: „Die Wirtschaftsverwaltung hat diese Initiative begrüßt und die Möglichkeit einer anteiligen Anschubfinanzierung ab dem Jahr 2023 in Aussicht gestellt, die Förderentscheidung jedoch von der Vorlage und Prüfung eines detaillierten Konzepts abhängig gemacht.“ Dieses hätte die Rolle der Gesellschafter klären, Berliner Akteure, Verbände und Netzwerke sowie Wachstumsbereiche wie Games, VR und Immersive Medien einbinden sollen. „Die Prüfung“, so heißt es weiter, „ergab nun, dass die Wirtschaftsverwaltung wichtige Voraussetzungen für eine Förderung des vorgeschlagenen Konzepts als nicht erfüllt sieht“

Ein angekündigtes Treffen mit Menschen aus der Berliner Kreativszene und der Clubcommission wurde verschoben. Der Interessenverband der Berliner Clubszene hatte die Festival-Pläne in der vergangenen Woche in einem Brief an die Senatsverwaltung bereits deutlich kritisiert: „In welcher Art und Weise dieses Leuchtturmprojekt geplant ist, steht diametral zu dem, was Berlin als Musik- und Technologiestandort bislang erfolgreich gemacht hat“, heißt es in dem offenen Brief der Clubcommission. „Akteure, die seit Jahrzehnten die Kleinteiligkeit, Diversität und Nischenkultur der Stadt berücksichtigt haben, wurden nicht in die Planungen einbezogen. Stattdessen setzt der Senat auf eine Konstellation von Großkonzernen, die weder die Authentizität noch die Erfahrung auf dem Berliner Markt haben.“ Man habe sich von den Großunternehmen „Sand in die Augen streuen lassen“.

Geplant waren 170 Konzerte und Clubevents

Das Festival sollte von der Axel Springer Media Group sowie der US-amerikanischen Penske Media Group ausgerichtet werden. Letztere ist auch mit 50 Prozent an dem Vorbild-Festival in Austin, Texas, beteiligt. Dieses wurde 1987 gegründet, zunächst als reines Musikfestival. Im Laufe der Zeit wandelte es sich allerdings zu einem wichtigen Treff für die Kreativ- und Tech-Branche, in den jüngeren Ausgaben saßen hier Elon Musk, Barack Obama und Bernie Sanders auf dem Podium.

Auch in Berlin sollte das Festival laut Senat die Bereiche Musik, Medien, Technologie und Start-ups zusammenbringen, geplant waren unter anderem 170 Konzerte und Club­events sowie 30 temporäre Kunstinstallationen im öffentlichen Raum, die vom 23. bis 26. August 2023 hätten stattfinden sollen. Zusammen mit Akteurinnen und Akteuren der Kreativ- und Digitalszene wolle die Wirtschaftsverwaltung die Idee aus Austin in Berlin weiterdenken, erklärte der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung Matthias Kuder den ursprünglichen Plan. Diese angesprochenen Akteurinnen und Akteure blieben allerdings bis zuletzt skeptisch, wie dem zitierten Schreiben an den Senat deutlich zu entnehmen ist.

Generell ist die Clubcommission einem neuen Großfestival gegenüber allerdings nicht abgeneigt: „Ein Format, bei dem Unternehmen aus den Bereichen Musik, Medien, Technologie und Startups am Standort Berlin gleichermaßen profitieren, könnte neben den wirtschaftlichen Aspekten dazu beitragen, dass sich branchenübergreifende Synergien ergeben. Es könnten ein Bewusstsein geschaffen und Lösungen erarbeitet werden, wie Kultur und Wirtschaft koexistieren können und nicht eine Verdrängung stattfindet, wie dies bereits in Teilen Berlins und in vielen anderen Metropolen beobachtet werden kann“, heißt es im Brief.

Vielleicht gibt es nun die Chance auf einen Neuanfang. Zu der Meldung über die Absage wollte sich die Clubcommission auf Anfrage vorerst nicht äußern.