Nun muss wirklich keiner mehr bangen. Das, was sich in den letzten drei Tagen in den Medien ankündigte, ist Realität geworden - etwas Gutes und Schönes mitten in unseren problemgeladenen Zeiten. Dass die Rieckhallen am Museum Hamburger Bahnhof vor dem Abriss mittels eines Tauschkaufs durch das Land Berlin mit 100 Millionen Euro gerettet sind, sorgte schon am Montag für Freude in der Kunstlandschaft. Am Dienstagmittag wurde der Akt beim Notar beglaubigt. Und kurz darauf verkündeten Vertreter von Bundespolitik und Landespolitik auch noch, dass der Bund soeben das Grundstück, auf dem der Hamburger Bahnhof steht, für 66 Millionen vom Besitzer, dem österreichischen Immobilienkonzern CA Immo, erwerben konnte. Und das sogar im guten Einvernehmen.
Im Museum an der Invalidenstraße gab es einen „Großen Bahnhof“. Das musste gefeiert werden! Der lang anhaltende Konflikt für das Museum, nicht auf eigenem Grund und Landesboden zu stehen, ist endlich ausgeräumt. Museumleute, Kultursenator Klaus Lederer und sein Team sowie Kunstfreunde hatten sich jahrelang dafür stark gemacht. Alle Vorhaben des Hauses unter seinen neuen Direktoren Till Fellrath und Sam Bardaouil haben nun Planungssicherheit und der weltweit angesehene Kunststandort eine gesicherte Zukunft.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sprach von einem „guten Tag für die Kultur nicht nur in Berlin, wenn einer der bedeutendsten Orte für zeitgenössische Kunst in Deutschland und international wieder in öffentlichen Hände kommt.“ Das frühere Bahngrundstück, der Hamburger Bahnhof war einst Endbahnhof der Bahnstrecke Hamburg und Berlin. Es wurde 2007 von der Immobiliengesellschaft CA Immo Deutschland erworben. Sie plante zunächst, auf dem Gelände der Rieckhallen ein Hochhaus zu bauen. Das hätte den Abriss der Hallen bedeutet. Aus diesem Grund hatte der Schweizer Sammler Friedrich Christian Flick seine renommierte Kollektion von Werken der internationalen Gegenwartskunst 2021 brüsk abgezogen. Sie war jedoch seit 2004 künstlerische Basis für über 20 weltweit beachtete Ausstellungen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth betonte, der Kauf des gesamten Geländes als wichtiger Berliner Museumsstandort mache klar, „welche Bedeutung Kunst und Kultur gerade in Krisenzeiten haben. Der Hamburger Bahnhof und die benachbarten Rieckhallen sind Orte für unsere Demokratie“.
Es fügte sich passend, dass das Direktoren-Duo Fellrath und Bardaouli am gestrigen Freudentag auch gleich das gesamte, sehr ehrgeizige Ausstellungsprogramm für 2023/24 vorstellen konnte. Künftig trägt der Hamburger Bahnhof den Zusatztitel „Nationalgalerie der Gegenwart“. Im April kommenden Jahres wird dann im komplett renovierten Westflügel die Sammlung des Hauses zum 21. Jahrhundert zu erleben sein. Fellrath betonte, das 21. Jahrhundert habe in Berlin mit der Nacht des Mauerfall vom 9. zum 10. November 1989 begonnen und so werde die Schau auch die Geschichte der Kunststadt Berlin erzählen. Zudem soll das gesamte Museumsareal noch weit mehr zur Stadt, zur Nachbarschaft geöffnet werden. Pro Jahr wird es auch den Ankauf eines Kunstwerkes im Außenbereich geben. Und ab Februar gibt es ein Füllhorn von neun Sonderausstellungen internationaler Gegenwartskunst, mit Werken unter anderem von Zineb Sediras, Christina Quarles, Fred Sandback, Tania Bruguera, der Ukrainerin Nadia Kaabi-Linke bis zu einer grandiosen Lichtinstallation des New Yorkers Liam Gillick.

