Festival

Atonal-Festival im legendären Kraftwerk: Experimentelle Musik im Großformat

Nach vier Jahren Pause ist das Avantgarde-Elektronik-Festival wieder da, erstmals zehn Tage lang. Ein Überblick über das Programm im Kraftwerk in Mitte.

Die Percussionistin Valentina Magaletti spielt am Eröffnungsabend und ist ein erstes Highlight.
Die Percussionistin Valentina Magaletti spielt am Eröffnungsabend und ist ein erstes Highlight.CC BY-SA 4.0/Fanny Chiarello

Das Atonal-Festival ist wieder da. Drei Jahre setzte das Festival für experimentelle elektronische Musik wegen der Pandemie aus. Im vergangenen Jahr gab es mit dem X-100-Festival eine kleine Ausgabe zu Ehren des Avantgarde-Komponisten Iannis Xenakis. Jetzt also kommt das Atonal in einer riesigen Dimension zurück: Das Programm erstreckt sich über zwei Wochenenden, Donnerstag bis Sonntag am ersten Wochenende, Freitag bis Sonntag am zweiten. Jeden Tag ist von rund 19 bis 6 Uhr Programm angesetzt. In den Tagen dazwischen gibt es eine Ausstellung, bei der sich namhafte Künstler wie Cyprien Gaillard oder Deborah Stratman mit dem Veranstaltungsort Kraftwerk auseinandersetzen. Denn alles findet im Kraftwerk an der Köpenicker Straße statt: Zwei Bühnen sind im monumentalen Hauptraum aufgebaut, dazu kommen die Clubs, die sich im gleichen Gebäude befinden: die zwei Floors des Tresor und das Ohm.

Bei der Fülle an Programm sollte man sich gut überlegen, wen und was man sehen will. Die italienische Percussionistin Valentina Magaletti am Eröffnungsabend am Donnerstag ist ein erstes Highlight. Ihr elektronisch erweitertes Spielen mit jeglichen Percussionarten von Trommeln bis Glöckchen ist emotional mitreißend und verträumt zugleich. Später spielt sie noch mal als Teil des Trios Holy Tongue mit dem Dubmusik-Produzenten Al Wootton und Sasumu Mukai. Tiefe Bässe mit Jazz-Einschlag sind hier zu erwarten.

Eine von vielen Premieren dieses Festivals ist der Auftritt von Caterina Barbieri mit Space Afrika zusammen. Die italienische Expertin für orchestrale Synthesizer-Kompositionen und der melancholische LoFi-Sound des Duos dürften, untermalt von Live-Visuals von Marcel Weber, eine emotionale Kombi ergeben.

Am Freitagabend erwartet einen mit Sandwell District, Rrose und Sigha Techno von der klassischen, staubtrockenen und harten Sorte. Mit ISAbella, Simo Cell und DJ Spit b2b Mad Miran sind aber auch DJs einer neueren Generation dabei, die mit ihren abwechslungsreichen Sounds aktuell auf vielen Festivals zu hören sind.

An den ersten drei Abenden gibt es auch eine Performance der mit der Volksbühne assoziierten österreichischen Choreografin Florentina Holzinger. Sie ist für körperlich intensive Stücke bekannt, die ihren Performerinnen einiges abfordern. Laut Programmheft „Triggerwarnung: Nacktheit, Blut“. Das Konzert von Loraine James am Sonnabend, eine Premiere ihrer neuen Live-Show zu ihrem nächsten Album, könnte ein Gegenpol sein. Die Londonerin verwebt IDM mit emotionalen Melodien und Vocal-Fetzen – beruhigend und aufschüttelnd zugleich.

Mit den langen Konzert- und Partynächten geht es in der Woche drauf am Freitag weiter, unter anderem mit Crystallmess. Die Französin spielt einen eklektischen Sound mit schnellen Tempi, ungeraden Rhythmen und keiner Angst, auch mal komplett die Stimmung zu wechseln. Am selben Abend debütieren die Techno-DJs Blawan und Pariah mit ihrem Bandprojekt Persher. Darin verarbeiten sie Einflüsse aus Heavy Metal und Hardcore. Denn beim Atonal gehören klangtechnische Extreme dazu. So verspricht das Programm eine große Nische zwischen Avantgarde-Musik und Rave abzudecken.

Berlin Atonal 7. bis 17. September im Kraftwerk, Köpenicker Straße 70, Informationen und Tickets unter berlin-atonal.com