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Warum die Spotify-Playlist von Markus Söder so peinlich ist

Für die Feiertage versucht sich Ministerpräsident Markus Söder an einer Spotify-Playlist. Taugt das was? Die messerscharfe Kritik unseres Musikredakteurs.

Markus Söder am Akkordeon
Markus Söder am Akkordeonimago/Manfred Segerer

Im Freistaat Bayern läuft es nicht ganz so geschmeidig, wie die Bayern gern nach außen glauben machen wollen: Erst im Februar hat sich der Stardirigent Sir Simon Rattle in einem Interview über die miserablen Zustände beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, seinem neuen Arbeitgeber in München, beklagt. Man möchte schon fast sagen: ausgeheult. Denn zwischen den Zeilen klingt es fast so, als würde Sir Simon am liebsten wieder zu seinem alten Arbeitgeber, den Berliner Philharmonikern, zurückkehren, so schlimm, wie es in Bayern läuft.

Der Mann, den Sir Simon Rattle für die Schrottzustände seiner Münchener Orchesterräume verantwortlich sieht, heißt Markus Söder (CSU), seines Zeichens bayerischer Ministerpräsident. Aber ausgerechnet der, so Sir Simon, habe sich bislang keine Zeit genommen, um mit ihm über die katastrophalen Zustände für das Münchener Spitzenorchester zu sprechen. O-Ton Sir Simon: „Mir wurde nicht die Möglichkeit gegeben, mit ihm [Markus Söder, Anm. d. Red.] zu sprechen.“

Hatte Markus Söder Besseres zu tun? Es sieht fast so aus. Pünktlich vor dem langen Osterwochenende, das in Bayern traditionell mit einem rigiden Karfreitags- und Karsamstags-Tanzverbot beginnt, hat Bayerns Ministerpräsident auf seinem Instagram-Account eine Playlist beworben, die er beim schwedischen Streamingriesen Spotify angelegt hat, sozusagen dem Ikea aller Streamingservices. Name der Playlist? #Södersongs. Soll wohl heißen: „Mia san Mia“, wir sind wir, Söder bleibt Söder. Aber was steckt in der Södi-Wundertüte drin?

Wer die Wildecker Herzbuben erwartet, liegt nicht ganz richtig, aber auch nicht sooo falsch. (Vermutlich war das Schlager-Duo dem Süd-Ministerpräsidenten dann aber doch zu nordhessisch.) Söder setzt, ganz mia-san-mia-like, auf München: Von der Münchener Spider Murphy Gang hat er zwar nicht das (übrigens auch mal live von Metallica gecoverte) „Skandal im Sperrbezirk“ in seine Playlist gepackt, aber das nicht minder peinliche „Wer wird denn woana“ (zu Deutsch: „Wer wird denn weinen“). Kostprobe? „Du stehst auf da Brückn, wuist vielleicht sogar ins Wasser geh? / Madl für a Wasserleichn bist ja doch vui z’schee.“ Oh Gott! „Nächste Playlist für ne heftige Abrissparty im Bauwagen“, kommentiert ein Instagram-User.

Aber es wird nicht besser: Um auch bayerischen Patriotismus abseits der Hauptstadt auszustrahlen, hat Söder noch die Fußballhymne seines Lieblingsvereins 1. FC Nürnberg dazugesteckt. Auf einer Skala von 1 wie Angela Merkels Lieblingslied, der Piratenkracher „Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen“, und 10 wie Barack Obamas fantastischer Pop-Kennergeschmack (von Kendrick Lamar bis Beyoncé und Bruce Springsteen), bewegt sich die Playlist von Markus Söder so weit ungefähr bei 0.

Da hilft es auch nicht mehr, dass er noch die in vielen Karaoke-Bars beliebte „Dancing Queen“ von ABBA dazugesellt. Im Grunde ist es sogar eine Beleidigung für Avant-Disco-Soul-Queen Grace Jones und auch die Dark-Wave-Ikonen von The Cure, dass sie in Söders Playlist überhaupt auftauchen, zweitklassiert unter dem Wasserleichen- und dem Fußball-Sauflied. #Södersongs ist vermutlich schon bald die Playlist, in der kein ernstzunehmender Act mehr auftauchen will.

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Fazit: Mit DJ Södi an den digitalen Turntables kann man das Verbot für laute Tanzmusik in Bayern nur begrüßen. Am Karfreitag, am Karsamstag, aber am besten auch noch an allen anderen Tagen.

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