Im Garten des Mies-van-der-Rohe-Hauses am Obersee knallen die Knospen. Drinnen im lichten Bungalow Haus Lemke, dem einzigen Privathaus, das der Bauhaus-Architekt Mies van der Rohe 1932/33 in Berlin gebaut hat, bevor er vor den Nazis nach Amerika floh, sprießen die Ideen. Fünf Häusermodelle, aufgebaut auf großen Pappe-Bögen, erzählen davon, wie Kinder sich ihre künftige Wohnwelt vorstellen.
Es sind meist weiße Terrassenbauten, viel Licht, viel Luft und bis auf die Flachdächer hinauf bewachsen mit Grün. Und vor den Häusern bleibt viel Platz für Spiel und Sport. Eine Magnetschwebebahn setzt zur Fahrt an, um die Passagiere umweltfreundlich von A nach B zu bringen. Türme wachsen in den Himmel. Einer hat bunte Fenster und eine durchsichtige Kuppel, zum Sternegucken. Der Ausblick ist ein bisschen schief, oben, unter der abnehmbaren Glaskappe, befindet sich eine Winde. Die soll als Lift dienen. Rings um den Turm wachsen Efeu, Bäume, Büsche. Dazwischen steht ein merkwürdiges silbriges Gerät mit lauter Energiestrahlen.

Der „Sternenturm“ entstand unter Anleitung des Architekten Wolfram Putz vom Büro Graft. Mit ihm zusammen haben Kolleginnen und Kollegen wie Brigitte Hänsch von AHM Architekten, Regine Leibinger von Barkow-Leibinger, Arne Maibohm vom BBR und Amina Ghisu drei Tage lang einen Workshop abgehalten. 25 Berliner Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis sechzehn Jahren, die den Traum haben, später einmal Architekten zu werden, waren gekommen, um unter professioneller Anleitung zu zeichnen, zu schneiden und zusammenzukleben, wie sie sich ihre Behausungen der Zukunft vorstellen. Wolfram Putz sagt, er finde die „Raumlösungen“ der Kinder bemerkenswert. Natürlich ließen die Fachleute der Fantasie der Kinder freien Lauf, setzten nur Akzente, was die Grundstrukturen des Bauens anbelangt. Auch die Berliner Malerin und Designerin Kitty Kahane machte mit, leitete die Kinder beim Zeichnen an. Ihre Bilder im Bauhausbuch „Wer wohnt in weißen Würfeln?“ (Seemann Leipzig) boten Anregung.

Die Idee zu diesem „Architekturbüro auf Zeit“ war im kleinen Hohenschönhausener „Mies-Brüderchen“ vom großen Mies-van-der-Rohe-Bau Neue Nationalgalerie gekeimt. Haus-Lemke-Direktorin Wita Noack und Ingolf Kern von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sprachen die Architekturbüros an und bekamen umstandslos Zusagen. Schon letztes Jahr hatten das kommunale Mies-Museum am Obersee, seit 30 Jahren Wallfahrtsort für die internationale Architektenszene, und die Neue Nationalgalerie Kooperationen beschlossen.
