Dies ist der neueste Teil der humoristischen Kolumne „Finde den Fehler“ von Anselm Neft.
Fast 47 Prozent der Frauen und über 60 Prozent der Männer in Deutschland sind laut eigenen Angaben übergewichtig. 19 Prozent der Erwachsenen leiden sogar an Adipositas. Und die Kinder holen auf: Mittlerweile sind mindestens ein Sechstel dicklich, dick oder fett. Höchste Zeit, gesamtgesellschaftlich etwas dagegen zu tun. Doch was hilft?
Es ist ganz einfach: Wer mehr Kalorien zu sich nimmt als verliert, der nimmt zu. All die Speckmäuse, Dickwänste und Fettmenschen müssen also einfach weniger essen. Und sich zusätzlich auch gerne mehr verausgaben. Aber offenbar sagt ihnen das niemand! Unsere Gesellschaft winkt Ernährung einfach als Privatsache durch, anstatt beratend einzugreifen.
Einfach nein sagen!
Ein ermutigendes Beispiel: In den 1980ern und 1990ern lief in den USA eine von Nancy Reagan gut durchdachte „Just say no“-Kampagne. Es ging dabei zwar um Drogen, aber das Problem ist das Gleiche: Menschen, die sich gehen lassen, weil sie nicht wissen, dass sie einfach bloß „nein“ sagen müssen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Heute ist in den USA kaum noch jemand abhängig von Drogen, Beruhigungsmitteln oder Alkohol. Einfach „nein“ sagen! Sollte das Beispiel nicht in Deutschland in Bezug auf die Fresssäcke Schule machen?
Gerade Mädchen und Frauen wissen oft nicht, dass sie etwas moppelig sind, weil es ihnen einfach niemand sagt. Dabei ist das Kommentieren des weiblichen Körpers ein gutes Mittel, um Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern, wie Diätmittel-Firmen, Frauenzeitschriften und Slim-Coaches nur zu gut wissen. Man sollte früh anfangen: Eltern sollten spätestens ab dem Grundschulalter die Figur ihrer Kinder ausführlich bei wöchentlichen Optimierungstalks thematisieren. Aussehen ist eben nicht Privatsache. Dicke Kinder mögen ja noch ganz knuffig sein, aber fette Erwachsene sind ein öffentliches Ärgernis, das gerade sensiblen Menschen zu schaffen macht.

Wenn Beratung nicht mehr hilft
Leider verfügen gerade dicke Menschen über eine Reihe problematischer Charaktereigenschaften: Sie sind faul, selbst- und genusssüchtig und obendrein auch noch bockig und asozial. Gut gemeinte Ratschläge prallen an ihren Wülsten ab. Statt einmal zuzuhören, wenn man sagt, „Hast du dich eigentlich mal angeguckt?“, reißen sie gleich die nächste Tüte Chips auf. In solchen Fällen hilft Beschämung, zu Neudeutsch Fat-Shaming. Manchmal reichen schon täglich ein paar angewiderte, genervte oder böse Blicke, um übergewichtige Menschen auf den rechten Weg zurückzuführen. Bei schweren Fällen kann auch Häme, Spott und Ausgrenzung nötig werden. Es muss den Fetten klar sein, dass sie es in der Hand haben!
Ausreden nicht gelten lassen
Stoffwechselunterfunktion, Leptinmangel, schwere Knochen – die Liste der Ausreden dicker Menschen ist fast so umfangreich wie sie selbst. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Frauen, die behaupten, seit der Pubertät oder ab Beginn der Wechseljahre an einem Lipödem zu leiden. Wieder andere füllige Menschen sprechen lustigerweise von innerer Leere oder von seelischen Schmerzen, Missbrauchserfahrungen, komplexen Traumatisierungen oder Mangel an Liebe und vermuten, deswegen süchtig zu essen. Solche billigen Ausreden sollte man nicht gelten lassen und sich auf keinen Fall mit den sentimentalen Schmerzgeschichten der Dickerchen befassen. Anderen geht es auch nicht gut, aber sie betäuben ihre Qualen tapfer mit Arbeit, Pornografie, Koks, Nutten oder Alkohol, ohne dabei aufzugehen wie ein Hefeteig.
Hart durchgreifen
Davon abgesehen: Ist es nicht eine bewährte Tradition, gerade Menschen aus schwierigen Verhältnissen und mit psychischen Problemen zu sagen, dass sie minderwertig sind? Sicher: Die Nazis sind da mit ihrem Euthanasie-Ansatz zu weit gegangen, aber das bedeutet ja nicht im Umkehrschluss, dass man ohnehin schon belastete Menschen nicht daran erinnern sollte, dass sie stören! Können die ihren Kummer nicht so in sich reinfressen, dass man das Ergebnis nicht sehen muss? Manchmal muss man eben hart durchgreifen, um Menschen vor sich selbst zu schützen. Oder sich selbst davor, von diesen Menschen an die eigenen Verletzungen erinnert zu werden.




